Einen spannenden Fall von fehlgeschlagener Geheimnistuerei hat Jean-Claude Bradley im Blog Useful Chemistry beschrieben, die er wiederum Alan Boyles Buch The case for Pluto entnahm. Hintergrund ist die Entdeckung des Zwergplaneten Haumea. Die Kurzfassung der Geschichte ist in Wikipedia dokumentiert:
Mike Brown, Chad Trujillo und David Rabinowitz vom California Institute of Technology fanden das Objekt am 28. Dezember 2004 am Palomar-Observatorium. Die Arbeitsgruppe um Mike Brown benutzte für das Objekt die inoffizielle Arbeitsbezeichnung „Santa“. Wegen der Veröffentlichung der Entdeckung von Haumea (ex. 2003 EL61) durch die spanischen Astronomen gab die Gruppe um Brown die Entdeckung der beiden noch größeren transneptunischen Objekte (136199) Eris (ex. 2003 UB313, Xena) und (136472) Makemake (ex. 2005 FY9) nur wenige Stunden später auf einer Pressekonferenz bekannt.
Brown und seine Gruppe erkannten zunächst Ortiz et al. als Erstentdecker von (136108) Haumea an, bis sich herausstellte, dass Ortiz et al. auf öffentlich im Internet zugängliche Teleskop-Logdaten der Gruppe um Brown zugegriffen hatte, bevor die Gruppe um Ortiz die Entdeckung bekannt machte. Während der Vorwurf im Raum stand, dass die spanische Gruppe das Objekt erst mit Hilfe dieser Daten auf ihren Aufnahmen aus dem Jahr 2003 aufgefunden hat, beteuerte Ortiz, nur überprüft zu haben, ob es sich bei dem unter dem Arbeitsnamen K40506A angekündigten Objekt von Brown et. al. um den gleichen Himmelskörper gehandelt habe, den seine Gruppe unabhängig davon gefunden hatte. Browns Gruppe warf daraufhin der Gruppe um Ortiz einen Verstoß gegen die Regeln der Wissenschaftsethik vor und verlangte vom Minor Planet Center (MPC), Ortiz et al. den Status der Erstentdecker abzuerkennen.
Die Kontroverse geht darauf zurück, dass nach den gültigen Regeln der Internationalen Astronomischen Union die Entdeckung eines Asteroiden oder Zwergplaneten jenen Beobachtern zugesprochen wird, die als erste genügend Positionsmessungen an das MPC übermitteln, um die Umlaufbahn des Objekts im Sonnensystem hinreichend genau zu bestimmen. Zwar hat die Gruppe um Brown Haumea bereits Ende 2004 gefunden, aber die Entdeckung geheim gehalten. Die Gruppe um Ortiz hingegen übermittelte ihre Beobachtungen am 28. Juli 2005 an das MPC. Das Sierra Nevada Observatorium wird daher vom MPC als Entdecker angeführt.
Brown hat die Entdeckung geheim gehalten, weil er die Ergebnisse auf einer Konferenz im September 2005 präsentieren wollte. Hätte er seine Entdeckung sofort veröffentlicht, hätte er nicht nur Ruhm und Ehre alleine eingeheimst, sondern auch die Entwicklung seiner Disziplin beschleunigt.
Aktuell ist der Fall des Kepler-Teams, das Daten zurückhalten möchte, um sie selbst auszuwerten. Dazu in der NY Times: In the Hunt for Planets, Who Owns the Data?
But a lot of attention has been paid in astronomical circles over the past few months to what the Kepler team will not be saying. By agreement with NASA, the team is holding back data on its 400 brightest and best planet candidates, which the astronomers intend to observe themselves over a busy summer.
Basierend auf Nature News: Telescope team may be allowed to sit on exoplanet data:
Kepler, the NASA mission manoeuvring to spot the first Earth-like extrasolar planet, is supposed to publicly release data in June for the 156,000 stars at which the orbiting telescope stares. But on Monday a NASA advisory panel recommended that Kepler be allowed to censor 400 “objects of interest” — presumably good planet candidates — until February 2011, giving the mission team more time to firm up discoveries, rule out false positives and publish. If enacted, the new policy would represent a selective editing of data on the basis of its science content, rather than its quality — unprecedented for such NASA missions.
Passend dazu aus den Grundsätzen zum Umgang mit Forschungsdaten der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen vom 24. Juni 2010:
Sicherung und Zugänglichkeit In Übereinstimmung mit wichtigen internationalen Organisationen auf dem Gebiet der Förderung und Durchführung von Forschungsaufgaben([1]) unterstützt die Allianz die langfristige Sicherung und den grundsätzlich offenen Zugang zu Daten aus öffentlich geförderter Forschung.
[via Neil Saunders]