Datenschutz und Adobe Digital Editions

Kurze Linksammlung, da ich hierzulande auf Anhieb keine größere Diskussion zum Adobe-Digital-Editions-Vorfall im (oder seit?) letzten Oktober finde. Zur Erinnerung: Das ist das DRM-System, das unter anderem für die Onleihe eingesetzt wird.

Ein paar Links:

Samsung-Server und andere Abhängigkeiten

Zur Zeit sind ein paar Server bei Samsung und anscheinend auch bei Sony ausgefallen. Dieser Ausfall führt dazu, dass sehr viele Menschen mit “Smart”-TVs dieser Hersteller keine Onlinedienste wie z.B. Netflix oder Youtube nutzen können. Dabei fragt man sich: Wieso ist ein Samsung-Server notwendig, wenn man mit seinem Fernseher auf Netflix zugreifen möchte? Was ist, wenn Samsung insolvent wird oder einfach aus strategischen Gründen kein Interesse mehr daran hat, die Server weiterzubetreiben?

Diese Infrastruktur wirft mehrere Fragen auf.

  1. Warum ist ein Server A notwendig, wenn ich mit Client B auf Dienst C zugreifen möchte?
  2. Was geschieht, wenn Samsung den Server eines Tages nicht mehr oder nicht mehr in dieser Form betreiben möchte?
  3. Welchen Zweck verfolgt Samsung damit? Werden Daten erhoben? Was wird damit gemacht?

Die Abhängigkeit der Nutzer von technischen Marotten der Geräte- und Plattformanbieter ist gewaltig und nimmt tendenziell zu. Umso wichtiger, dass solche Infrastrukturen nicht durch Bibliotheken finanziert und salonfähig gemacht werden. Denn auch E-Books sind teilweise von zentralen Servern abhängig, wie man z.B. schon bei Adobes DRM erfahren musste.

Onleihe macht Bibliotheken zum Buchhandelsschaufenster

Über den neuesten Unsinn zur Onleihe muss ich mich nicht selbst aufregen, das haben andere schon für mich gemacht. Lesenswert:

Jürgen Plieninger in Netbib:

Stellen Sie sich eine Stadtbücherei vor: Wenn ein Buch ausgeliehen wird, kommt eine örtliche Buchhandlung und stellt einen Stellvertreter ein, auf dem dafür geworben wird, doch das Buch zu kaufen, anstatt zu warten, bis es wieder im Regal auftaucht. […]
Ob die Bibliotheken hier nicht die Gewinner sind? – Schließlich könnten sie doch verschiedene Buchhandlungen und Lieferanten gegeneinander ausspielen und den Button dessen nehmen, der die meiste Provision springen lässt. Wie, das geht nicht?

Dörte Böhner auf Bibliothekarisch.de:

Und nein, ich finde es von den Bibliotheken, die sich da an der Pilotphase beteiligen, nicht in Ordnung, dass sie sich dafür zur Verfügung stellen. Liebe Stadtbüchereien Düsseldorf, Hamburger Öffentlichen Bücherhallen und liebe Bibliotheken des Onleihe-Verbunds Oberlausitz, warum lassen Sie sich so vor den Karren der ekz spannen und sorgen nicht dafür, dass wenigsten in gewisser Weise noch eine Wahlfreiheit für Ihre Nutzer bleibt? Warum lassen Sie zu, dass Ihre Angebote kommerzialisiert werden? Ist der Bibliotheksnutzer bereits gedanklich soweit zum Kunden geworden, dass er Geld ausgeben soll, damit Ihr Angebot besser aussieht? Das ist aus meiner Sicht nicht mehr Service, sondern der falsche Weg. Verbessern Sie Ihr E-Book-Angebot, in dem Sie die Lizenzbedingungen angehen. Ideen, was man da machen könnte, gibt es viele. Ca 2000 Bibliotheken sind der Onleihe verfallen? Warum setzen Sie nicht auf diese Masse, um Dinge in Bewegung zu bringen?

Jürgen Fenn in Schneeschmelze:

Geradezu absurd erscheint aber die Lage, die die Onleihe mit diesem neuen Dienst herbeiführt. Erst wird die Verfügbarkeit von digitalen Texten durch das DRM künstlich verknappt, so daß ich z. B. die Zeitung von gestern nur eine Stunde lang lesen darf. Dann wird dem zu spät gekommenen Leser durch den Verkaufsbutton suggeriert, wenn er den Text jetzt lesen wolle, könne – vielleicht kommt bei ihm sogar an: müsse – er ihn bei dem Tochterunternehmen der EKZ und der Onleihe kaufen. Und schließlich sinken infolgedessen auch noch die Ausleihzahlen bei den Bibliotheken, weil die Leute von dort in den Online-Shop geschickt werden – in den sie in Zukunft gleich direkt gehen können? Mit einer so erworbenen Provision entzieht die Bibliothek ihrem eigenen Modell selbst den Boden und sägt an dem Ast, auf dem sie und das gesamte Bibliothekswesen hierzulande sitzt.

DonBib in Ultra Biblioteka:

Es ist, Dörte hat es wunderbar formuliert, bereits anstrengend sich die Onleihe schönzureden, denn wir unterstützen als Bibliotheken ein unsägliches System. Dieser Kaufknopf mit anschließender Provision für die Bibliotheken widert mich aber schlicht an. Ich kann dafür ethisch keine Tür entdecken, die so eine Idee möglich machen sollte, da sind bildlich gesprochen nicht mal Fenster in der Mauer vor dieser Idee. Auch fachlich ist der Schaden dieses Ansatzes unberechenbar. Gleichwohl folgt diese Idee dem so unwissenschaftlichen wie unethischen Grundsatz eine Bildungseinrichtung als Unternehmen führen zu wollen. Ich kann die KollegInnen in Düsseldorf und Hamburg nur auffordern, sich schnellstmöglich fachöffentlich zu äußern.

Ich bin gespannt, ob es zu einer ähnlichen Aufregung kommen wird wie im Falle der Amazonlinks im Heidelberger Katalog.

Cloud computers are computers you can only use with someone else's permission

As Adobe Creative Suite struggles with its license-server outage, stranding creative professionals around the world without a way of earning their living, a timely reminder: a cloud computer is a computer you’re only allowed to use if the phone company and a DRM-peddling giant like Adobe gives you permission, and they can withdraw that permission at any time.

Original von Cory Doctorov (CC-BY-NC).

Diese E-Books sind ein Niedergang

Friedrich Forssman ist Buchgestalter, mag keine E-Books und beschrieb seine Abneigung im Suhrkamp-Blog:

Muß man eigentlich noch etwas gegen E-Books sagen? Müssen sie einem nicht womöglich leid tun, die albernen Dateien, die gern Bücher wären, es aber niemals sein dürfen? Ja, das muß man, und nein, das müssen sie nicht, sie sind ein Unfug, ein Beschiß und ein Niedergang.

Es folgt eine Suada, in der er einige richtige Punkte anspricht, aber verschweigt, dass es sich dabei zum Teil um Probleme handelt, die E-Books nicht eigen sein müssen. Zum Beispiel das Problem, dass man E-Books nicht weitergeben könne. Ach, was schreibe ich, Johannes Haupt hat doch schon eine lesenswerte Replik veröffentlicht.

PS: Ein interessanter Nebenaspekt ist die recht hohe Zahl der Blogs, die auf den Suhrkampblog verweist. Über 20 Blogs haben auf Forssmans Beitrag verwiesen. Rivva erfasst davon immerhin fast die Hälfte.

Benötigen wir Alternativen zum DRM-Web?

Fefe weist darauf hin, dass die Motion Picture Association of America (MPAA) dem W3C beigetreten ist. Die MPAA hat eine lange Historie in der Bekämpfung von Privatkopien. Sie hat einst gefordert, dass Videorekorder mit einem Chip versehen werden müssen, der Kopien verhindert.

Cory Doctorov befürchtet, dass wir uns – nicht nur hiermit – “in einen vollen Orwell huxleyen”. Er befürchtet, dass DRM ein integraler Bestandteil von HTML5 wird und somit aller Browser wird.

As near as I can work out, there’s no one poised to do anything about this. Google, Apple and Microsoft have all built proprietary DRM silos that backed the WC3 into accepting standardization work on DRM (and now the W3C have admitted the MPAA as a member – an organization that expressly believes that all technology should be designed for remote, covert control by someone other than its owner, and that it should be illegal to subvert this control).

Bitte das ganze Posting lesen! Kim Dotcom hat schon Pläne zu einem MegaWeb in der Schublade. Encrypted, non-IP based, ultra-fast, with homeless data (constantly shifting). Ob das etwas und was auch immer das wird: Alternativen zu einem DRM-Web zu entwickeln scheint eine dringend gebotene Aufgabe zu sein. Wenn das W3C nicht mehr im Sinne eines freien Netzes agieren sollte, wäre vielleicht auch die Schaffung von Alternativstrukturen sinnvoll.

Individualisierte, nicht zitierfähige Bücher?

Im Börsenblatt wird das Fraunhofer-Projekt SiDiM (Sichere Dokumente durch individuelle Markierung) vorgestellt. Erklärtes Ziel des Projektes ist es, unkontrollierte Verbreitung, beispielsweise über das Internet von in digitaler Form vorliegenden Texten zu verhindern. Aus dem Börsenblatt:

Vor diesem Hintergrund wurde im SiDiM-Projekt das sogenannte textuelle Wasserzeichen entwickelt: Hierbei werden E-Books individualisiert, indem textliche Änderungen am Originaltext vorgenommen werden, die für den Benutzer nicht zu erkennen sein sollen. Dementsprechend erhalte jeder Benutzer − ohne wahrnehmbaren Unterschied − ein völlig individuelles E-Book. Zudem lasse sich diese Individualisierung automatisiert in eine Vertriebsumgebung integrieren.

Auf Lesen.net kommentiert Johannes Haupt das Projekt. Vor allem verweist er auf ein SiDiM-Evaluierungsdokument (PDF), dem verschiedene Beispiele zu entnehmen sind, wie so eine Individualisierung aussehen kann.

Aus: Sigmund Freud “Eine Kindheitserinnerung aus Dichtung und Wahrheit”
Das Hinausbefördern (durchs Fenster auf die Straße) erweist sich so als das Wesentliche der Handlung, die Lust am Zerbrechen, am Klirren und die Art der Dinge, an denen »die Exekution vollzogen wird«, als inkonstant und unwesentlich. Das Hinausbefördern (durchs Fenster auf die Straße) erweist sich so als das Wesentliche der Handlung, die Lust am Zerbrechen, am Klirren und die Art der Dinge, an denen »die Exekution vollzogen wird«, als nicht konstant und unwesentlich.
Rüdiger Janson “Eden 2160”
Es mag schwer sein, eine Welt zu verstehen, die ohne Tyrannei und Hunger, ohne Kummer, Leid und Tragödien auskommt. Es mag schwer sein, eine Welt zu verstehen, die ohne Hunger und Tyrannei, ohne Kummer, Tragödien und Leid auskommt.

Na großartig, diese Geschichte mit dem Zitieren wird eh überbewertet. Wen interessiert schon die Reihenfolge von Wörtern?

Mehr dazu von Dörte auf Bibliothekarisch.de.

Update: Janson-Beispiel ergänzt, in dem die Reihenfolge der Wörter in einer Aufzählung verändert wurde. Warum ist so etwas wichtig? Man denke ganz an ganz banale Kochrezepte, Versuchsaufbauten oder jede Aufzählung, die mit der Reihenfolge eine Wertung zum Ausdruck bringen möchte. Von Ästhetik ganz zu schweigen. Kurzfassung: Ich weiß nicht, wie Menschen, die beruflich mit Texten arbeiten (und davon gehe ich bei Fraunhofer-Wissenschaftlern einfach mal aus), auf so eine Idee kommen können.