Offene Gesetze für alle

“Nicht alle Helden tragen Capes!” heißt es. Ob dies bei der Open Knowledge Foundation Deutschland der Fall ist, weiß ich nicht. Superheldenkräfte oder zumindest gute Anwälte werden jedoch in näherer Zeit vermutlich benötigt werden, um dem juristischen Ärger zu entgehen, den man sich dort eingebrockt hat. Die OKFN hat es tatsächlich gewagt, das Bundesgesetzblatt im Internet zu veröffentlichen. Damit sind die Gesetze endlich in dem Organ für alle verfügbar, in dem sie zum Inkrafttreten erscheinen müssen.

Man könnte denken, das sei selbstverständlich in einer Demokratie.

Wer juristischen Lesestoff benötigt, kann sich nun also auf OffeneGesetze.de bedienen.

Erst einmal weder Uploadfilter noch Leistungsschutzrecht auf EU-Ebene

Das EU-Parlament beweist gesunden Menschenverstand und winkt Uploadfilter und Leistungsschutzrecht auf EU-Ebene nicht durch.

Ein Blick auf das Abstimmungsverhalten der einzelnen Parteien ist sicherlich spannend. Zur Zeit ist der Server jedoch aufgrund des überbordenden demokratischen Beteiligungswillens zusammengebrochen.

Sind Upload-Filter eine Bedrohung für große Repositories?

Internet platforms hosting “large amounts” of user-uploaded content must monitor user behavior and filter their contributions to identify and prevent copyright infringement.

Der Kampf gegen diese heute vom Rechtsausschuss des EU-Parlaments abgesegnete Formulierung ist noch nicht vorbei, wie Netzpolitik richtig anmerkt. Zwar ist Upload-Filter und Leistungsschutzrecht nun zugestimmt worden, aber es existieren noch Wege, diesen Irrsinn zu verhindern.

Im Bibliothekswesen, nein, im ganzen Wissenschaftssektor sollte man darüber nachdenken, was diese Klausel für große Repositories zur Folge haben könnte. Können Betreiber großer Repositories (egal, ob Software, Forschungsdaten oder konventionelle OA-Repositories) die gewünschte Filterung gewährleisten? Müssen Arxiv.org, RePEc, Zenodo & Co nun Upload-Filter integrieren, die zwischen Zitaten, Paraphrasen und Plagiaten unterscheiden können? Wie sieht es mit Mega-Journals wie PLOS One oder PeerJ aus? Muss auch dort gefiltert und gesiebt werden? Muss auch dort das “user behaviour” überwacht werden?

Gruselige Zeiten, die von den hier namentlich erwähnten Damen und Herren herbei beschworen werden. Es ist noch nicht zu spät, um sich an die eigene Vertretung im EU-Parlament zu wenden. Wiederum Netzpolitik.org:

Noch ist es nicht zu spät. Viele EU-Abgeordnete reagieren auf Druck von Außen – umso wichtiger, dass sie auch Stimmen aus der Zivilgesellschaft vernehmen und nicht nur von finanzstarken Lobbyorganisationen. Gleich drei Plattformen bieten eine einfache Möglichkeit, wacklige Parlamentarier per E-Mail oder noch besser, kostenlos per Telefon, zu kontaktieren. Wie das erbitterte Ringen – und letztlich der Erfolg – um die europäischen Regeln zur Netzneutralität gezeigt haben, lohnt sich der Einsatz.

Wie immer gilt: Höflich bleiben und argumentieren! Eine selbst formulierte Mail und vor allem ein eigenständiger Betreff sind viel wirkungsvoller als eine vorformulierte Mail, die schnell im Spamordner landet.

Bundesrat stimmt UrhWissG zu: Entwurf eines Gesetzes zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft

Der Bundesrat stimmt dem Entwurf eines Gesetzes zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft weitgehend zu (vgl. Beschlussdrucksache BR 312/17(B), PDF). An einigen Stellen, besonders bezüglich der Veröffentlichung von Abbildungen musealer Objekte, fordert der Bundesrat eine weitergehende Offenheit:

Bislang dürfen Museen ihre kulturellen Schätze, die noch dem urheberrechtlichen Schutz unterliegen, nur sehr eingeschränkt im Internet zeigen. Erlaubt ist dies nach Unionsrecht – und ihm folgend nach § 58 Absatz 1 UrhG – bislang nur, soweit und solange dies der Förderung aktueller Ausstellungen dient.
§ 60f Absatz 1 in Verbindung mit § 60e Absatz 1 UrhG-E enthält die grundsätzliche Erlaubnis für Museen, Werke aus ihrem Bestand oder ihrer Ausstellung für Zwecke der Zugänglichmachung zu vervielfältigen. Die anschließende öffentliche Zugänglichmachung kann nach § 60f Absatz 1 in Verbindung mit § 60e Absatz 4 UrhG-E indes weiterhin nur museumsintern erfolgen oder – ent-sprechend dem fortgeltenden § 58 Absatz 1 UrhG – ausschließlich zur Förde-rung aktueller Ausstellungen.

§ 60f Absatz 1 in Verbindung mit § 60e Absatz 3 UrhG-E sieht für die Museen vor, dass diese lediglich körperliche Vervielfältigungsstücke in Zusammenhang mit öffentlichen Ausstellungen oder zur Dokumentation ihrer Bestände verbreiten können. Zu begrüßen ist zwar durchaus, dass ein zeitlicher Zusammenhang mit der Ausstellung anders als in § 58 Absatz 2 UrhG nicht mehr zwingend erforderlich ist.

Diese gesetzliche Erlaubnis muss aber auf die öffentliche Zugänglichmachung der elektronischen Vervielfältigungen der geschützten musealen Ausstellungs-und Bestandswerke ausgeweitet werden, damit insbesondere Museen ihren kulturellen Auftrag in zeitgemäßer Weise erfüllen können:
Museen sollten zum einen auch beendete Ausstellungen weiterhin im Rahmen ihres Online-Angebots dokumentieren können. Zum anderen sollten auch Bestände, die nicht Gegenstand einer Ausstellung waren, auf Grundlage einer gesetzlichen Erlaubnis im Internet gezeigt werden dürfen. Eine gesetzliche Erlaubnis würde es gerade auch kleinen Museen erlauben, ohne bürokratischen Aufwand zur Verbreitung kulturellen Wissens beizutragen.

In diesem Zusammenhang müssen die Interessen und Rechte der Künstlerinnen und Künstler entsprechend berücksichtigt werden.

Der letzte Satz birgt Sprengstoff, denn was eine “entsprechende Berücksichtigung” bedeutet, ist interpretationsfähig.

Eine eingehende Exegese durch Irights, Netzpolitik, Wisspub, das Aktionsbündnis Urheberrecht und andere übliche Verdächtige steht vermutlich bevor.

 

Jetzt: Bundesratssitzung zum Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz – #UrhWissG

Blogthematisch relevant sind heute zwei TOPs:

  1. TOP 10: 332/17 Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU)

Spektakulärer Buchraub in London

In einem an den Film Mission Impossible erinnernden Raubzug in Feltham (London) wurden Bücher überwiegend aus dem 15. und 16. Jahrhundert gestohlen. Die Täter kletterten auf das Dach des Gebäudes und ließen sich durch in die Decke gebohrte Löcher etwa 12 m an Seilen herab, um Bewegungsmelder zu umgehen.

According to the Mail on Sunday, one dealer lost £680,000 worth of material. Experts said the most valuable item in the stolen haul was a 1566 copy of Nicolaus Copernicus’s De Revolutionibus Orbium Coelestium, worth about £215,000.

Among the other books stolen were early works by Galileo, Isaac Newton, Leonardo da Vinci and a 1569 edition of Dante’s Divine Comedy.

Es wird von einem Auftragsdiebstahl ausgegangen, da die Bücher auf dem freien Markt nicht verkäuflich seien. Mehr im Guardian.

Ausweiskopien (und -scans?) sind rechtlich unzulässig

Die auch von einigen Bibliotheken zwecks Mitgliedschaftsverlängerung angeforderten Kopien von Personalausweisen sind rechtlich nicht zulässig, berichtet Heise.de.

Felix Hudy schränkt dieses Verbot auf Datenschutzbeauftrager-info.de ein, da Ausweiskopien zu manchen Zwecken unausweichlich seien. Scans seien jedoch grundsätzlich unzulässig:

Eine automatisierte Speicherung der Ausweisdaten ist nach § 20 PAuswG unzulässig und betrifft z.B. das Scannen von Ausweisen, das nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Hannover mit der Möglichkeit der Weiterverarbeitung und Nutzung eine andere rechtliche Qualität aufweist.

Man kann nun argumentieren, dass die Akzeptanz von Ausweisscans eine Dienstleistung für die Nutzer sei. Aber rechtlich zulässig wird es dadurch auch nicht.

Novellierung des Bundesarchivgesetzes

Heute steht die Novellierung des Bundesarchivgesetzes im Bundestag zur Debatte:

Die Schutzfristen im Bundesarchiv sollen deutlich verkürzt werden. Dies sieht eine Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/9633) zur Novellierung des Bundesarchivrechts vor. Mit der Neuregelung soll das Bundesarchiv nutzer- und wissenschaftsfreundlicher werden.

So sollen die Schutzfristen für personenbezogenes Archivgut von 30 auf zehn Jahre nach dem Tod der betroffenen Person gesenkt werden. Im Fall von Amtsträgern und Personen der Zeitgeschichte soll die Schutzfrist komplett entfallen, wenn der schutzwürdige Privatbereich nicht betroffen ist. Nach dem Willen der Regierung sollen zudem in Zukunft alle öffentlichen Stellen des Bundes ihre Akten und Unterlagen nach 30 Jahren dem Bundesarchiv anbieten. Die Schutzfristen für Archivgut, das den Geheimhaltungsvorschriften des Bundes unterliegen, sollen von 60 auf 30 Jahre verkürzt werden können, wenn eine Veröffentlichung die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nicht gefährdet.

Einbettung von Drittinhalten im Web

Wambach, Tim, Schulte, Laura, Knorr, Konstantin (2016): Einbettung von Drittinhalten im Web. Datenschutz und Datensicherheit – DuD, 40(8), 523-527. URL: http://dx.doi.org/10.1007/s11623-016-0650-6

Abstract:

Einbettungen von Drittinhalten auf Webseiten ermöglichen aus technischer Sicht eine Benutzerverfolgung, die aus datenschutzrechtlichen Gründen kritisch zu beurteilen ist. In der vorliegenden Studie wurden Webseiten von Kliniken und Krankenhäusern auf solche Einbettungen und die damit verbundene Datenverarbeitung untersucht.

Leider sind die Autorinnen nicht nur um den Datenschutz besorgt, sondern auch darum, diesen interessanten Artikel vor einer allzu großen Leserschaft zu schützen. Ich vermute einen starken Zusammenhang zwischen der Resonanz bei den Lesern seit dem 22. Juli 2016 einerseits,

tpe49und andererseits dem Preisschild für alle, die nicht in den Genuss eines Zugangs via Hochschulnetz kommen: tpe_paywalled_science