Shaked Spier schreibt im Bibliotheksdienst (Bibliotheksdienst 46. Jg. (2012), H. 3/4, S. 171-181, PDF in seinem Posting zum Artikel verlinkt) über das fehlende soziale, bzw. politische Engagement der “Information Community”. Er versucht, das Verhältnis zwischen Bibliothek und Urheberrecht, bzw. Bibliothek und Überwachung/Vorratsdatenspeicherung zu beschreiben.
Bei beiden geht es um ein Phänomen, das unseren ethischen Grundsätze und unserer Berufung deutlich widerspricht; ein Phänomen, wofür wir unseren Nutzer/-innen eine Lösung anbieten, solange sie sich physisch in der Bibliothek befinden; ein Phänomen, das der Gesamtgesellschaft schadet und dadurch unserer Tätigkeit auch; ein Phänomen, das uns ausdrücklich betrifft, obwohl es nicht an unseren Bibliothekstresen kommt und auch nie kommen wird.
Darüber kommt er zu der Frage, ob es bibliothekarischen Handlungsbedarf gibt, was er (zusammengefasst) bejaht. Im Abschnitt “Was können wir ändern?” macht er konkrete Vorschläge. Den wichtigsten Teil möchte ich zitieren:
Auf eine offizielle Stellungnahme ist nicht zu verzichten! In Verbindung mit den folgenden Vorschlägen, die auf Teilnahme einzelner Mitglieder/-innen der Information Community basieren, muss die Community als Ganzes eine offizielle Stellung zu den verschiedenen Themen nehmen. Dies kann z.B. durch die AG „Bibliothek und Ethik“ [Link aus Fußnote hinzugefügt] erfolgen.
Diese Stellungnahme soll auf unseren ethischen Grundsätzen aufgebaut und mit sachlichen und professionellen Argumenten begründet sein. Sie soll den professionellen und ethischen Standpunkt von Informationsfachleuten reflektieren und als ein solcher der Öffentlichkeit ankommen.
Das wichtigste Kriterium für eine offizielle Stellungnahme ist die schnelle Reaktion und Aktualität. Um an einer öffentlichen Diskussion teilzunehmen und eventuell Einfluss zu haben, muss die Reaktion schnellstmöglich formuliert und veröffentlicht werden. Denn wenn wir z.B. erst eine Woche nach Entlarvung des Bundestrojaners eine Stellungnahme dazu veröffentlichen, sind wir schon längst von der öffentlichen Diskussion ausgeschlossen. Egal wie professionell und augenöffnend diese Stellungnahme auch sein mag.
Dass sich die Verbände so gut wie nie äußern, wenn die im Code of Ethics propagierten Werte in Gefahr sind, habe ich in den letzten Jahren oft angemahnt. Daran wird sich in absehbarer Zeit wohl auch nichts ändern.
Im Artikel wird auch vorgeschlagen, Präsenz in sozialen Medien
zu zeigen:
Offizielle Facebook-Seite, Twitter und ein Blog sind das absolute Minimum. Dadurch können offizielle Stellungnahmen und deren Diskussion mehr Transparenz gewinnen sowie ein breiteres Publikum (außerhalb der professionellen Community) erreichen.
Ein Anfang wäre gemacht, wenn sich die maßgeblichen VertreterInnen der Branche selbst ins Web trauen würden. Auch dies ist ein mindestens fünf Jahre altes Thema. Hier kann man immerhin auf Besserung durch personelle Veränderungen hoffen.