Erst einmal weder Uploadfilter noch Leistungsschutzrecht auf EU-Ebene

Das EU-Parlament beweist gesunden Menschenverstand und winkt Uploadfilter und Leistungsschutzrecht auf EU-Ebene nicht durch.

Ein Blick auf das Abstimmungsverhalten der einzelnen Parteien ist sicherlich spannend. Zur Zeit ist der Server jedoch aufgrund des überbordenden demokratischen Beteiligungswillens zusammengebrochen.

Sind Upload-Filter eine Bedrohung für große Repositories?

Internet platforms hosting “large amounts” of user-uploaded content must monitor user behavior and filter their contributions to identify and prevent copyright infringement.

Der Kampf gegen diese heute vom Rechtsausschuss des EU-Parlaments abgesegnete Formulierung ist noch nicht vorbei, wie Netzpolitik richtig anmerkt. Zwar ist Upload-Filter und Leistungsschutzrecht nun zugestimmt worden, aber es existieren noch Wege, diesen Irrsinn zu verhindern.

Im Bibliothekswesen, nein, im ganzen Wissenschaftssektor sollte man darüber nachdenken, was diese Klausel für große Repositories zur Folge haben könnte. Können Betreiber großer Repositories (egal, ob Software, Forschungsdaten oder konventionelle OA-Repositories) die gewünschte Filterung gewährleisten? Müssen Arxiv.org, RePEc, Zenodo & Co nun Upload-Filter integrieren, die zwischen Zitaten, Paraphrasen und Plagiaten unterscheiden können? Wie sieht es mit Mega-Journals wie PLOS One oder PeerJ aus? Muss auch dort gefiltert und gesiebt werden? Muss auch dort das “user behaviour” überwacht werden?

Gruselige Zeiten, die von den hier namentlich erwähnten Damen und Herren herbei beschworen werden. Es ist noch nicht zu spät, um sich an die eigene Vertretung im EU-Parlament zu wenden. Wiederum Netzpolitik.org:

Noch ist es nicht zu spät. Viele EU-Abgeordnete reagieren auf Druck von Außen – umso wichtiger, dass sie auch Stimmen aus der Zivilgesellschaft vernehmen und nicht nur von finanzstarken Lobbyorganisationen. Gleich drei Plattformen bieten eine einfache Möglichkeit, wacklige Parlamentarier per E-Mail oder noch besser, kostenlos per Telefon, zu kontaktieren. Wie das erbitterte Ringen – und letztlich der Erfolg – um die europäischen Regeln zur Netzneutralität gezeigt haben, lohnt sich der Einsatz.

Wie immer gilt: Höflich bleiben und argumentieren! Eine selbst formulierte Mail und vor allem ein eigenständiger Betreff sind viel wirkungsvoller als eine vorformulierte Mail, die schnell im Spamordner landet.

Leistungsschutzrecht: Gebeutelte Verleger "beugen sich Druck Googles"

Im Februar schrieb ich zu der optimistischen Äußerung des Madsack-Geschäftsführers Düffer, dass er nicht davon ausgehe, dass Madsack-Artikel aus dem Google-Index entfernt würden. Ich war nicht seiner Meinung und habe Recht behalten.

Das Verhalten von Google war anhand internationaler Beispiele glasklar vorhersehbar. Und nun schreibt die eigens zur Durchsetzung der aus dem Leistungsschutzrecht entstandenen Forderungen gegründete VG Media in einer Pressemitteilung (PDF), die wenig überzeugend so tut, als sei sie überrascht:

Google lehnt „Waffenruhe“ ab -Presseverlage beugen sich Druck Googles und lassen VG Media Gratiseinwilligung für Rechtenutzung erteilen

Es ist wirklich unglaublich. Da bedient sich eine medienmächtige Lobbygruppe der CDU/FDP-Bundesregierung als Auftragsgesetzgeber. Schwarzgelb liest der Lobbygruppe gegen jeden gesunden Menschenverstand jeden Wunsch von den Lippen und verabschiedet ein Gesetz, über das der Kartellamts-Chef sagt: Es gibt niemanden, der behauptet, es sei gut formuliert. Dazu wird Google als Trittbrettfahrer gebrandmarkt, der von der kostbaren Arbeit der armen Presseverleger profitiert. Nun sagt Google, dass sie diese Ausbeutung nicht weiter betreiben möchten. Und was ist? Die Presseverlage fangen an zu jammern und reden vom “Druck Googles”, der sie zum Einlenken zwingt. Herrje.

Ich bin gespannt, wie die VG Media diese ganze Geschichte noch abstruser gestalten wird. Sie wird es schaffen, da bin ich zuversichtlich.

[via fefe]

VG Media möchte Leistungsschutzrecht durchsetzen

Zwölf Verlagshäuser sind als Gesellschafter in die VG Media mit dem Ziel eingestiegen, die Verwertung nach dem Leistungsschutzrecht wahrzunehmen. In einem Futurezone-Artikel äußert Madsack-Geschäftsführer Düffer, dass er nicht davon ausgehe, dass Madsack-Artikel nun aus dem Google-Index entfernt werden.

Ich gehe zumindest davon aus, dass sie aus dem Google-News-Index entfernt werden, genau wie es beispielsweise in Frankreich geschah.

Folgende Verlagshäuser spielen nun gallisches Dorf gegen Googlius Caesar:

  • Aschendorff Medien GmbH & Co. KG,
  • Axel Springer SE,
  • Burda Gesellschaft mit beschränkter Haftung,
  • Evangelischer Presseverband Norddeutschland GmbH,
  • FUNKE MEDIENGRUPPE GmbH & Co. KGaA,
  • Mediengruppe M. DuMont Schauberg GmbH & Co. KG,
  • Münchener Zeitungs-Verlag GmbH & Co. KG,
  • Presse-Druck und Verlags-GmbH,
  • Rheinisch-Bergische Verlagsgesellschaft mbH,
  • sh:z Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG,
  • Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & Co. KG,
  • ZGO Zeitungsgruppe Ostfriesland GmbH.

Mehr dazu in der Pressemitteilung der VG Media.

Historiker.de pausiert wegen des #LSR

Historiker.de, der “Nachrichtendienst für Historiker” befindet sich im “Wartungsmodus”:

aufgrund des am 1. März 2013 in Kraft getretenen Leistungsschutzrecht für Presseverleger müssen wir den Betrieb des Nachrichtendienst für Historiker nach 17 Jahren vorerst einstellen.

Die unklare Lage bezüglich der Textlänge für Snippets (siehe auch: Leistungsschutzrecht für Presseverleger bei Wikipedia) zwingt uns zu diesem Schritt.

Ob und wie dieser Dienst weiter zur Verfügung gestellt werden kann, können wir erst nach den ersten klärenden Urteilen zur eher unsicheren Ausgestaltung des Gesetztes sagen.

Wollen Sie über die weitere Entwicklung informiert werden, so möchten wir Ihnen einen Besuch unserer Facebookseite ans Herz legen: Nachrichtendienst für Historiker auf Facebook

Rivva will weitermachen, hat aber neben den durchs Leistungsschutzrecht verursachten Unannehmlichkeiten auch noch Ärger mit den Twitter Display Requirements. Tweetdeck wird gestorben, die API wird eingeschränkt, dann auch noch diese “Display Requirements”… Es wird Zeit, Alternativen zu Twitter zu finden und zu nutzen!

[u.a. via Archivalia]

Google reagiert auf französische Leistungsschutzgeldpläne

Heise.de berichtet über Google Reaktion auf ein französisches Leistungsschutzrecht:

Google droht der französischen Regierung wegen einer möglichen Abgabe an Verleger. Wenn der Staat Forderungen nach einem sogenannten Leistungsschutzrecht für Online-Presseinhalte nachkomme, werde das Unternehmen künftig nicht mehr auf französische Medienseiten verlinken, zitierte die französische Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag aus einem Google-Schreiben an mehrere Kabinettsmitglieder. Die Einführung einer solchen Rechtes sei nicht hinnehmbar und stelle die Existenz des Unternehmens infrage. Google beschere den Seiten von französischen Verlegern jeden Monat vier Milliarden Klicks.

Googles Position kann man nur zustimmen. Wer nicht in Suchmaschinen auftauchen will, kann dies schließlich verhindern. Niemand zwingt die Verlage, ihre Inhalte via Google auffindbar zu machen.

PS: Sogar Rupert Murdoch hat seinen Anti-Google-Feldzug kürzlich abgeblasen: Rupert Murdoch has been forced to back down in his war with Google, amid fears that his newspapers are losing their influence because they do not appear in the search engine’s rankings.

"Deutschlands gestörtes Verhältnis zum Netz"

Martin Weigert schrieb auf Netzwertig über “Deutschlands gestörtes Verhältnis zum Netz” (später auch von Carta publiziert):

Egal, ob es um erneuerbare Energien und Umweltschutz, Errungenschaften in Hochtechnologie und Ingenieurskunst, Forschung und Wissenschaft, Arbeitnehmerrechte oder internationale Politik und Wirtschaftsgestaltung geht – überall strebt Deutschland führende Rollen an oder nimmt diese bereits seit langem ein. Und stets herrscht weitestgehend Konsens über diese Selbstverständlichkeit des Strebens nach Exzellenz. Dem Klischee nach sind Deutsche Perfektionisten, die sich ungern mit dem Mittelmaß zufrieden geben. Nicht selten agieren sie tatsächlich dementsprechend. Doch sobald es um die künftige Rolle des Landes in der globalen digitalen Welt geht, verschwindet das sonst so hohe Ambitionsniveau – abgesehen von der Intention einer flächendeckenden Breitbandvernetzung.

Und wie ernst es der Bundesregierung mit dem flächendeckenden Breitband ist, hatten wir hier ja schon einmal…

"Das Internet war eine Episode der Freiheit"

Im Perlentaucher äußern sich Thierry Chervel und Anja Seeliger zum Leistungsschutzrecht, diesem Kniefall der Bundesregierung vor der Verlegerlobby (Gesetzesentwurf als PDF).

Ich setze auf die belgische Lösung und anschließendes Gewinsel der Verleger. Wer übrigens wissen möchte, welche Verlage/Presseerzeugnisse sich für diesen Unsinn einsetzen, kann dies bei der Opalkatze nachlesen. Beispiele auf ihrer Liste: (XY-)Bild, Brigitte, FAZ, Freundin, Financial Times Deutschland, Frankfurter Rundschau, Hannoversche Allgemeine, Geo, Grafschafter Nachrichten, Rheinische Presse, Süddeutsche, Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Welt…

Leistungsschutzgeld beschlossene Sache?

Laut Netzpolitik.org haben sich Springer & Co (diesmal Axels Springer) nun endlich durchgesetzt. Die Bundeskoalition hat ein Leistungsschutzgeld Leistungsschutzrecht beschlossen. Laut Welt müssen sich “normale User” nicht sorgen, die “private Nutzung von Presseerzeugnissen im Internet” bleibe kostenlos. Und das Beste:

Auch für Unternehmen bleiben Papierausdrucke und das Lesen von Nachrichten am Bildschirm unentgeltlich

Unnormale User können sich dagegen sehr wohl Sorgen machen. Unnormal im Sinne des Textes sind nämlich Suchmaschinen und Aggregatoren wie Rivva oder Plan3t.info.

Wenn das LSR kommt, hoffe wohl nicht nur ich auf eine konsequente Antwort der Aggregator- und Suchmaschinenbetreiber. Und zwar am Besten so, wie es Google einst in Belgien vorgemacht hat. Deutlich formuliert: Wer zu dämlich ist, eine robots.txt zu formulieren, sollte nicht auch noch mit Traffic belohnt werden. Der immer wieder lesenswerte Stefan Niggemeier schreibt dazu:

Google und womöglich auch die Perlentaucher und turi2s dieses Landes sollen den Verlagen also Geld dafür geben, dass sie helfen, dass deren Inhalte ein Publikum finden.

Das ist etwa, als müssten die Gelben Seiten den Unternehmen dafür zahlen, dass sie ihre Informationen aufnehmen dürfen. Als müsste der Busfahrer dem Kirmesbetreiber Geld dafür geben, dass er die Kunden zu ihm bringt. Dem Vorhaben fehlt jede innere Logik.

Vor allem wenn man sich ansieht, wie groß der von Google, Facebook & Co generierte Traffic-Anteil bei den verschiedenen Presseangeboten ist. Dies wird sich seit März 2011 kaum wesentlich verringert haben.

Hier der Text der Koalitionsrundenergebnisse (PDF). Die Passage zum Leistungsschutzrecht findet sich auf Seite 4.

PS: Es ist an der Zeit, das Urheberrecht in Verwerterrecht umzubenennen. Dem Schutz der Urheber dient es schon lange nicht mehr.