Hauck, Reingis et al.: Der Umgang mit Forschungsdaten an der Leibniz Universität Hannover

Hauck, Reingis; Kaps, Reiko; Krojanski, Hans Georg; Meyer, Anneke; Neumann, Janna; Soßna, Volker: Der Umgang mit Forschungsdaten an der Leibniz Universität Hannover : Auswertung einer Umfrage und ergänzender Interviews 2015/16

Im Kontext des Projekts „Entwicklung eines institutionellen Konzepts zum Forschungsdatenmanagement an der Leibniz Universität Hannover“ wurden 2015/16 eine universitätsinterne Online-Umfrage und ergänzende Interviews durchgeführt. Deren Ergebnisse ermöglichen einen Einblick in den derzeitigen Umgang mit Forschungsdaten und eine Abschätzung des Bedarfs an Beratung, Schulung und technischer Infrastruktur seitens des wissenschaftlichen Personals. In diesem Bericht werden die Daten präsentiert und ausgewertet.

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Das Zotero-Problem

Sascha Förster twitterte, dass Zotero doch genauso bewerbenswert sei wie kommerzielle Literaturverwaltungssoftware. Und dazu Open Source und kostenlos. Letzteres ist richtig. Aber ist Zotero wirklich ein gleichwertig? Ich gebe sehr viele Citavi-Schulungen. Und ich habe mehrfach Zotero-Schulungen angeboten. Von letzteren haben zwei tatsächlich stattgefunden, die Citavi-Schulungen kann ich kaum noch zählen.

Woran liegt das? Aus dem Ärmel geschüttelt würde ich vermuten, dass Citavi erst einmal ein deutlich etabliertes Angebot ist. Wenn auf dem Campus über Literaturverwaltung gesprochen wird, heißt das entweder BibTeX-Gebastel bei den LaTeXern[1] von denen inzwischen übrigens ein recht hoher Anteil auch Citavi nutzt , die “Quellenverwaltung” in MS Word oder Citavi. Dagegen mit Öffentlichkeitsarbeit anzukämpfen, ist möglich, aber nur mit hohem Aufwand.

Ein weiterer Faktor für den Citavi-Erfolg ist m.E. der freundlichere Einstieg, das umfangreiche deutschsprachige Informationsmaterial[2] Jaja, Wissenschaftssprache ist Englisch. Hochschulsprache ist aber nach wie vor Deutsch, und fast jeder geht gerne den Weg des geringsten Widerstands. und vor allem die Verwaltung der “Wissenselemente”, also von Abbildungen, Zitaten oder eigenen Ideen. Man kann in Citavi eine Gliederung erstellen und an Word exportieren. Klingt trivial? Kann man auch mit allen möglichen anderen Programmen machen? Richtig. Aber Citavi kann es halt auch und Zotero nicht.

Und dann User Experience. Auch Usability. Da hat sich seit 2012[3] Raza, A. und L.F. Capretz, 2012. Do open source software developers listen to their users? First Monday, 17(3). ISSN 13960466. DOI: 10.5210/fm.v17i3.3640
in den meisten klugen Open-Source-Köpfen leider wenig verändert. Aber schon der erste Eindruck ist nicht einladend, sondern abweisend. Exemplarisch:

Zotero-Icons in LibreOffice
Zotero-Icons in LibreOffice

Rate mal mit Rosenthal: Wofür steht das Icon ganz links? Oder eines der anderen? Auf Anhieb nicht zu erkennen. Und wer nicht kontinuierlich mit Zotero arbeitet, hat das auch schnell wieder vergessen.

Ich vergleiche jetzt nur Zotero und Citavi, weil ich mit diesen beiden Programmen die meiste Erfahrung habe. Aber User Experience ist enorm wichtig, und die ist bei Zotero offenbar derart, dass sich viele, denen ich den Zotero-Einsatz vorschlug, dann doch lieber Windows (und Citavi) auf ihren Mac- oder Linux-Rechner installiert haben. Ich hätte auch sehr gerne eine Open-Source-Alternative zu den gängigen, proprietären, teuren und teils ärgerlicherweise auch noch an Windows gefesselten Literaturverwaltungsprogrammen. Sonst würde ich keine Schulungen dazu anbieten, sonst hätte ich nicht versucht, an der deutschsprachigen Dokumentation zu arbeiten. Zumutbar ist Zotero anscheinend aber nur einer kleinen Schar von Open-Source-Überzeugungstätern.

PS: Das sind nur ein paar wenig originelle und reichlich unsortierte Gedanken zu einem Themenfeld, das eingehendere Beschäftigung verdient und auch erfährt. Ohne den Aufbau einer sich auf Deutsch artikulierenden und aktiven Nutzerschaft und eine Generalüberholung der “Zotero-Erfahrung” bleibt Zotero aber aus meiner Sicht ein Notnagel.

References

References
1 von denen inzwischen übrigens ein recht hoher Anteil auch Citavi nutzt
2 Jaja, Wissenschaftssprache ist Englisch. Hochschulsprache ist aber nach wie vor Deutsch, und fast jeder geht gerne den Weg des geringsten Widerstands.
3 Raza, A. und L.F. Capretz, 2012. Do open source software developers listen to their users? First Monday, 17(3). ISSN 13960466. DOI: 10.5210/fm.v17i3.3640