Das 3. Deutsche VuFind-Anwendertreffen 2014 findet am 24.09.2014 in Frankfurt statt. Das Programm liest sich überwiegend interessant.
Schlagwort: vufind anwendertreffen
Discovery für Bewegungsarchive und -bibliotheken
Und noch ein Nachschlag zum 2. Deutschen VuFind-Anwendertreffen in Harburg.
Marius Zierold machte in einem Lightning Talk auf die Schwierigkeiten von Bewegungsarchiven aufmerksam, die für ein Discovery-Projekt notwendigen Ressourcen zusammenzukratzen. Schon 50 Euro pro Monat für einen halbwegs brauchbaren Webserver sind oft außerhalb des Budgets. Vom Personal wollen wir da gar nicht weiter sprechen.
Er hat im Rahmen seiner Masterarbeit eine VuFind-Installation für die Genderbibliothek der HU Berlin aufgebaut: GenderVu. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, baut jedoch sehr stark auf das Engagement eines einzelnen.
Zwischenzeitlich stieß ich noch auf das den AGGB-Katalog der Arbeitsgemeinschaft der Gedenkstättenbibliotheken. Dort haben sich mehrere Bibliotheken zusammengeschlossen, um ihre Bestände zugänglich zu machen. Das ist ein Vorgehen, dass mir auf den ersten Blick plausibel erscheint. Bibliothekarische Zusammenschlüsse von Bewegungsarchiven gibt es schließlich auch andernorts, zum Beispiel den Dachverband deutschsprachiger Frauen / Lesbenarchive, -bibliotheken und -dokumentationsstellen.
Hier schlummern ziemlich viele Bachelor- und Masterarbeiten mit Titeln wie “Konzeption und Einrichtung eines Katalogs/Discovery Systems/Recherche-Dings für Einrichtung XY”.
#notourpatrons – nicht gehaltener Lightning Talk über Nutzerforschung
Auf dem 2. Deutschen VuFind-Anwendertreffen wollte ich eigentlich einen Lightning-Talk mit der Kernaussage halten, dass die einschlägig bekannten Nutzerstudien viele hilfreiche Ansatzpunkte zur Verbesserung von Dienstleistungen bieten können. Der Talk fand nicht statt, aber die Folien möchte ich nun nicht einfach auf der Festplatte in Vergessenheit geraten lassen. [1] Besonders den Hinweis auf den INETBIB-Vortrag von Ursula Schulz möchte ich als leichten Einstieg in die Materie hier noch einmal explizit empfehlen. Ebenso deutlich möchte ich erwähnen, dass im Einzelfall lokale Bedürfnisse und Voraussetzungen von den “Standard-Empfehlungen” abweichen können.
Ein gutes Beispiel wurde während des Treffens von Jessica Drechsler vorgeführt (PDF). Sie präsentierte die VuFind-Installation des Georg-Eckert-Instituts für Internationale Schulbuchforschung (GEI). Deren Nutzerschaft ist hochspezialisiert und hat ein ebenso spezielles Suchverhalten. Die Suche nach Titeln oder Autoren funktioniert bei Schulbüchern anscheinend oft nur schlecht oder gar nicht. Ein vielleicht denkbarer Fall wäre die Suche nach Grundschulliteratur (Schulform) aus den 80er-Jahren (Zeitraum) in Südafrika (Land) für ein bestimmtes Schulfach. Ein einfacher Suchschlitz ist in hier nicht das ideale Suchwerkzeug.
Wenn man partout seine NutzerInnen nicht befragen möchte, sind die Standard-Faustregeln sicherlich eine gute Richtlinie. Im Idealfall müssten im Zuge der lokalen Anpassungen wie beim GEI einige dieser Regeln über Bord geworfen werden.
Frei nach Ranganathan: Jedem Benutzer seine Suchwerkzeuge. Oder zumindest jeder Bibliotheksbenutzerschaft.
References
↑1 | Besonders den Hinweis auf den INETBIB-Vortrag von Ursula Schulz möchte ich als leichten Einstieg in die Materie hier noch einmal explizit empfehlen. |
---|
#vufindhh: Zur Statistik und Datenqualität im GBV-Zentral
Das 2. Deutsche VuFind-Anwendertreffen [1] Hervorragend organisiert vom Team der TUB Hamburg-Harburg! Vielen Dank! hat Gerald Steilen (VZG) mit einer statistischen Übersicht zum GBV-Zentral (Folien, PDF) eröffnet. Der Vortrag gehörte wohl zu den Meistdiskutierten des Anwendertreffens. Und sowohl ein paar Zahlen als auch die daraus geschlossenen Konsequenzen sind in der Tat diskussionswürdig.
Requests (S. 6)
Die “Requests” klingen sehr beeindruckend. Die Bibliothek der Hochschule Hannover landet in den GBV-Zentral-Charts auf Platz 4 mit satten 32,8 Mio. Requests vom 1. Januar bis zum 12. September 2013. Das ist in der Tat beeindruckend.
Ich vermute jedoch hauptsächlich Google hinter diesen Aktivitäten. Bis vor kurzem hatten wir (IIRC) etwa 7,5 Mio Titel in unserem VuFind-Ausschnitt des GBV-Zentral. Wenn Google diese Seite viermal harvested sind wir bei 30 Mio. Jetzt sind es (dank DOAJ) schon 9 Mio. Titel, womit man schnell bei über 30 Mio ist.
Die “echte Katalognutzung” ist nach unserer Statistik deutlich geringer: [2] 1. Januar bis zum 12. September 2013, um Suchmaschinen etc. bereinigt. Wer Javascript abstellt oder Ghostery benutzt und noch einige andere werden nicht verzeichnet.
- 20397 Besuche
- 24804 Seitenansichten, 19699 einmalige Seitenansichten
- 144 max. Aktionen pro Besuch
Bitte diese Anmerkung nicht als Kritik an den Zahlen verstehen! Im Vortrag ging es um den GBV-Zentral, nicht um Katalognutzung! Und da ist natürlich auch ein Google-Anfrage ein Request wie jeder andere auch. Wie vermutlich auch Anfragen aus der Autocomplete-Funktion oder den “Ähnlichen Titeln” und so weiter. Ich habe dies hier nur aufgeführt, weil ich mehrfach angesprochen wurde, wie wir zu diesen enormen Katalognutzungszahlen kämen.
Datensätze mit Sprachcode (Seite 11)
Abdeckung in DOAJ wird mit 1% (9976 Titel) angegeben. BASE weist für die Quelle DOAJ Articles 630.000 Titel mit unbekannter Sprache aus. Allerdings auch 567.000 englische Artikel, 174.000 portugiesische und noch viele, viele mehr:
Da die Daten es vom DOAJ in BASE geschafft haben, müsste der Import überdacht werden. Die Daten geben mehr her, als im GBV-Zentral momentan realisiert wird.
Personenangaben (S. 8ff)
Die im Vortrag genannten Angaben zu den Verfassern sind ohne eingehende und differenzierte Betrachtung nicht zu interpretieren. Zuerst ein kurzer Blick auf OLC. Dieser Artikel zur Friedensforschung hat in OLC einen Verfasser. Im GBV-Zentral auch. Dieser Artikel über Effizienzsteigerung hat im OLC auch einen Verfasser. Im GBV-Zentral allerdings nicht. Der Verfasser ist dort nur weitere beteiligte Person.
In der Personenfacette:
OLC: 028A $dNicolaus$aSombart
GBV-Zentral: 100 |a Sombart, Nicolaus
Nicht in der Personenfacette:
OLC: 028C/01 $dMatthias$aMeier
GBV-Zentral: 700 |a Meier, Matthias
Das Ursache liegt hier eindeutig in den Daten und ist schon in der Vorbemerkung des thematischen Teils “unselbständige Werke” der GBV-Katalogisierungsrichtlinien angelegt:
Mit dem thematischen Teil „Unselbstständige Werke“ liegt erstmals im GBV eine verbindliche Regelung für die Katalogisierung unselbstständiger Werke vor. Das hier beschriebene Datenmodell gibt der im GBVKat bereits in erheblichem Umfang stattfindenden Katalogisierung unselbstständiger Werke eine einheitliche Grundlage. Für die Katalogisierung im GBVKat ist allein diese Richtlinie verbindlich. Für die beim GBV angebotenen Aufsatzdatenbanken wie z. B. „Online-Contents“ oder die „Internationale Bibliographie der Zeitschriftenliteratur (IBZ)“ gelten teilweise davon abweichende Datenmodelle.
Die Richtlinie ist also verbindlich und einheitlich, außer bei diesem und jenem. Und diese Ausnahmen sollen nun im GBV-Zentral als Ganzes dargestellt werden. Zwei offensichtliche Lösungsansätze:
- Änderung der Katalogisierungsrichtlinie und tatsächliche Vereinheitlichung auch für OLC & Co.
- Pragmatischer Umgang mit den vorhandenen und heterogenen Daten.
Der pragmatische Umgang könnte für die Discovery-Interfaces in einer “Personen”-Facette münden, die Erstautoren mit allen weiteren Autoren, Herausgebern etc. in einen Topf wirft.
Sonstiges
Zu vielen anderen Punkten kann ich nur ausdauernd und zustimmend nicken. Dass die URL-Bezeichnungen selten vorhanden und von großer Heterogenität (und stark schwankendem Nutzwert) sind, ist zum Beispiel wirklich kein bibliothekarisches Ruhmesblatt. Ebenso ist die GND-Verlinkung noch deutlich ausbaubar. Geralds Abschlussfrage, welche Features in Discovery Systemen mit diesen Daten sinnvoll seien, ist jedoch (m.E.) anders zu formulieren. Denn Dienstleistungen zu bauen, nur weil die Daten es hergeben, ist nicht sinnvoll. [3] PS: Was niemand – insbesondere nicht Gerald – bestreiten wird.
Ich schlage also vor, ein Discovery-Utopia zu formulieren. Dies sieht je nach lokaler Nutzerschaft nicht unbedingt überall gleich aus. Und wenn klar ist, welche Features gewünscht sind, sollten wir uns um die Realisierung kümmern. Sind die Daten schlecht? Dann sollten wir versuchen, sie zu verbessern.
TL;DR: Unsere Daten sind weder schicksalhaft gegeben, noch sind sie unveränderbar. Wir erstellen sie selbst, wir tauschen sie oder wir kaufen sie. Und wenn wir schlechte Daten haben – und die haben wir – sollten wir an deren Qualität arbeiten, um unseren NutzerInnen die Dienstleistungen zu bieten, die sie sich wünschen und die sie benötigen.
References
↑1 | Hervorragend organisiert vom Team der TUB Hamburg-Harburg! Vielen Dank! |
---|---|
↑2 | 1. Januar bis zum 12. September 2013, um Suchmaschinen etc. bereinigt. Wer Javascript abstellt oder Ghostery benutzt und noch einige andere werden nicht verzeichnet. |
↑3 | PS: Was niemand – insbesondere nicht Gerald – bestreiten wird. |