CC-BY: Lee R BergerCorresponding Author, John Hawks, Darryl J de Ruiter, Steven E Churchill, Peter Schmid, Lucas K Delezene, Tracy L Kivell, Heather M Garvin, Scott A Williams, Jeremy M DeSilva, Matthew M Skinner, Charles M Musiba, Noel Cameron, Trenton W Holliday, William Harcourt-Smith, Rebecca R Ackermann, Markus Bastir, Barry Bogin, Debra Bolter, Juliet Brophy, Zachary D Cofran, Kimberly A Congdon, Andrew S Deane, Mana Dembo, Michelle Drapeau, Marina C Elliott, Elen M Feuerriegel, Daniel Garcia-Martinez, David J Green, Alia Gurtov, Joel D Irish, Ashley Kruger, Myra F Laird, Damiano Marchi, Marc R Meyer, Shahed Nalla, Enquye W Negash, Caley M Orr, Davorka Radovcic, Lauren Schroeder, Jill E Scott, Zachary Throckmorton, Matthew W Tocheri, Caroline VanSickle, Christopher S Walker, Pianpian Wei, Bernhard ZipfelWoran merkt man, dass Open Access keine Verlegenheitslösung ist, auf die man sich besinnt, wenn Lancet, Nature oder Science die eigene Publikation abgelehnt haben? Unter anderem daran, dass immer mehr von den prestigeträchtigen und pressewirksamen “Großentdeckungen” in OA-Journals publiziert werden. So war es bei der Rückkehr des Brontosaurus in PeerJ, so ist es nun bei der Entdeckung einer neuen Art der Gattung Homo, also eines Verwandten der heutigen Menschen. Die Entdeckung des Homo naledi wird in einem OA-Journal publiziert, so dass sich auch der Laie ein Bild machen kann:
Dirks, Paul [u.a.]: Geological and taphonomic context for the new hominin species Homo naledi from the Dinaledi Chamber, South Africa – In: eLife. – 4 (2015). DOI: https://dx.doi.org/10.7554/eLife.09561
Die Gelegenheit, mein beliebtes Spiel “Wer verlinkt die Quelle” zu spielen.
Das sieht doch deutlich besser aus als bei einem früheren Versuch. Als Ursache für den Linkgeiz vermute ich nach wie vor die Angst, die Leserschaft könnte sich woanders informieren oder die Befürchtung, die eigene Leserschaft sei zu blöd, um komplizierte wissenschaftliche Texte – dazu noch in ausländischen Sprachen! – zu verstehen.
Die DOIs der eLife-Publikationen wird übrigens in keinem der oben verlinkten Artikel verwendet.
Die dickste Sau aber, die demnächst durchs Dorf gejagt werden wird, hört auf den Namen MOOCs (Massive Open Online Courses). Dabei handelt es sich um digitale Lehrplattformen, die erstmals im Frühjahr 2012 vom kalifornischen Unternehmen Coursera in Stanford betrieben wurden.
MOOCs werden über Plattformen angeboten. Das ‘C’ steht für Courses. Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Immerhin ist Herr Kelleters Auslassung über das, was er für E-Learning hält, auch keine Zeitung.
Ansonsten bleibt zu bemerken, dass Coursera nur eine Lehrplattform ist und nicht mehrere im Frühjahr 2012 betrieb. Und auch nicht der erste MOOC-Anbieter war.
Lektorat, kurze Recherche und ein bißchen weniger Abendlanduntergangsstimmung hätten vielleicht einen lesenswerten Artikel ermöglicht.
Christine Adam veröffentlichte am 2. September in der Neuen Osnabrücker Zeitung einen Kommentar. Einigen ihrer Punkte mag man durchaus zustimmen. Einleitend greift sie jedoch etwas auf, das ich längst überwunden glaubte.
Immer weniger Bücher zum Anfassen, immer weniger fundiertes Wissen aus Originalquellen, stattdessen weiter anschwellende unzuverlässige Info-Fluten aus dem Internet? Wie gut, dass manche Horror-Visionen mit Gegenentwürfen abgemildert werden. Die mächtigen Metropolenbibliotheken könnten so ein Korrektiv sein.
Immer weniger Bücher? Die Umsätze des Buchhandels sind laut Börsenverein sind 2012 deutlich höher gewesen als 2002. Die “Titelproduktion Erstauflage” lag 2003 bei 61.538 Titeln, 2012 bei fast 80.000 Titeln. Selbst ein leichter Rückgang in den letzten Jahren verringert den Anstieg insgesamt kaum.
Weniger fundiertes Wissen aus Originalquellen? Hach, dazu ließe sich einiges sagen. Aber nehmen wir uns die webkritische Kernaussage vor: Hat die Kommentatorin einen Brockhaus hinter sich im Regal? Wo schlägt sie denn nach, wer frisch ans Tageslicht gespülte Personen des Zeitgeschehens wie Oliver Scheytt aus Steinbrücks Kompetenzteam sein könnten? Etwa im Munzinger? Oder nicht doch eher in Wikipedia, die zu Scheytt einen mittelgroßen Artikel liefert?
“Die mächtigen Metropolenbibliotheken” haben inzwischen auch die eine oder andere Online-Quelle im Portfolio. Manche sogar diese 50 Millionen Werke hier. Wo die alle herkommen? Aus diesem Internet.
Ist das alles eine Horrorvision? Ist es so furchtbar, wenn sich jede und jeder zu jedem Zeitpunkt ganz nach den eigenen Vorstellungen in einem riesigen Meer von Informationen bedienen kann?
Amerikanische Wissenschaftler haben festgestellt, dass deutschsprachige Textkonsumenten auf keinen Fall mit Quellenangaben belästigt werden möchte. Und dass die dumm dämmernde Schar der Lesenden am liebsten zu Journalisten aufblickt, die über Geheimwissen aus mysteriösen Quellen verfügen.
Dies geißelte ich schon vor fast genau einem Jahr, als ein Open-Access-Artikel zu einer neu beschriebenen Affen-Art zwar überall besprochen, aber so gut wie nirgendwo verlinkt wurde. Da erwähnte ich noch positiv, dass Spiegel Online den ursprünglichen Artikel zum Nutzen der Leser verlinkt hatte.
Nun berichtet Spiegel Online über Doping im deutschen Profifussball. Eindeutig ein massentaugliches Thema! SpOn schreibt:
Die verdächtigen Blutwerte tauchen in einer Studie von Tim Meyer, dem Teamarzt der deutschen Fußballnationalmannschaft, aus dem Jahr 2011 auf. Diese wissenschaftliche Untersuchung wurde bislang nur in medizinischen Datenbanken veröffentlicht und kann von der breiten Öffentlichkeit nicht sofort eingesehen werden.
Das ist richtig, steckt der Artikel doch hinter einer Paywall. Einer kleinen Öffentlichkeit wäre der Artikel dennoch zugänglich. Und per Fernleihe auch einer größeren. Doch da der Titel des Artikels nicht einmal genannt wurde, bleibt dies nur zu vermuten. Ich gehe von diesem Artikel hier aus:
Meyer, Tim, & Meister, Steffen (2011). Routine blood parameters in elite soccer players. International journal of sports medicine, 32(11), 875–881. doi:10.1055/s-0031-1280776
Warum jetzt, im Sommer 2013, eine Studie von 2011 von gleich zwei Spiegel-Journalisten aufgearbeitet wird, weiß ich nicht so genau. Es ist aber zu vermuten, dass den beiden seit kurzem weitere Informationen vorliegen. Sie schreiben:
SPIEGEL ONLINE liegen die Zusammenfassung der Untersuchung und Steffen Meisters Dissertation zum Thema vor.
Wow! Wie die da wohl drangekommen sind? Ich habe da eine Vermutung! Bestimmt einer dieser Whistleblower, die neuerdings dauernd in der Tagesschau zu sehen sind! Oder vielleicht über den Open-Access-Server der Uni Saarland, auf der diese Arbeit seit dem 10. Juni 2013 für jeden Hinz und Kunz mit Internetzugang zu erreichen ist. Wer sich also ein eigenes Bild über den Sachverhalt machen möchte:
Meister, Steffen (2013). Der Einfluss leistungsportlicher Trainings- und Wettkampfbelastungen auf Routine-Laborwerte : Eine Querschnittsstudie an 467 Profi-Fußballspielern der deutschen Bundesligen. Abgerufen von http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:291-scidok-53951.
Aber den Link zu setzen, den Titel zu nennen oder einfach nur zu erwähnen, dass die Dissertation nicht nur Spiegel Online vorliegt, das wäre wohl zuviel des Dienstes am Leser.
Um welchen Artikel es hier geht? Ach, ist doch egal. Wer anderen Autoren Aufmerksamkeit verweigert, will sicherlich nicht gelesen werden.
Am 12. September wurde in PLOS ONE ein Artikel [1]Hart JA, Detwiler KM, Gilbert CC, Burrell AS, Fuller JL, et al. (2012): “Lesula: A New Species of Cercopithecus Monkey Endemic to the Democratic Republic of Congo and Implications for … Continue reading veröffentlicht, in dem die neu entdeckte Affenart Lesula (Cercopithecus lomamiensis) beschrieben wird.
Lesula (Cercopithecus lomamiensis). CC: BY (John A. Hart et al.)
Als Open-Access-Befürworter freut man sich natürlich, dass die Beschreibung in PLOS ONE erfolgt. Einem Journal, dass jedem zugänglich ist, der oder die Zugang zum Internet hat.
Neu entdeckte Affenarten sind etwas Besonderes, die Meldung ging daher durch viele Medien. Unter anderem Focus, Frankfurter Rundschau, Spiegel, Stern, Welt oder Zeit haben in ihren Onlineportalen über die Neuentdeckung berichtet, meist mit einer DPA-Meldung. Andere werden folgen.
Und hat auch nur eine dieser deutschen Zeitungen die Gelegenheit genutzt, den Artikel zu verlinken? Aber natürlich nicht. Wer deutsche Qualitätsmedien aufsucht, erhält dort schließlich alle benötigten Informationen und muss die Seite eigentlich nie wieder verlassen.
Oder hält die Presse ihre Leser für nicht pfiffig genug, den Artikel zu verstehen? Oder es ist ihnen einfach egal? Die Mission “Klickvieh auf unsere Seite treiben” ist schließlich schon erfüllt.
Dementsprechend gibt es aus den Artikeln auch keinen Link zu PLOS ONE. Also nicht einmal auf deren Startseite.
Deutsche Presseerzeugnisse mit Link auf den PLOS-Artikel habe ich auf Anhieb nicht gefunden. In der Schweiz scheint man Leser ernst zu nehmen und ihnen Mehrwert bieten zu wollen. Die NZZ verlinkt in ihrer Lesula-Meldung auf den Artikel. [2] Es geht auch in Deutschland anders. Julia Merlot schreibt zwar auch für SPON, hat aber ein positiveres Bild von ihren Lesern. Sie verlinkt zumindest hier einen PLOS-Artikel. Dradio kann’s auch.
Es geht auch in Deutschland anders. Julia Merlot schreibt zwar auch für SPON, hat aber ein positiveres Bild von ihren Lesern. Sie verlinkt zumindest hier einen PLOS-Artikel. Dradio kann’s auch.
Roland Reuß äußerte sich in der FAZ einigermaßen sachunkundig zum Thema Open Access. Geantwortet haben einige. Besonders hervorzuheben ist die zweiteilige Replik von Joachim Eberhardt, der die Angst des Roland Reuß vor Open Access in Teil 1 und Teil 2 beschrieben hat.
Silicon.de berichtet über die Initiative der EU zur Förderung von Open Access (vgl. Netzpolitik, Archivalia und Verweisungsform). Von einer ausgewogenen Berichterstattung kann keine Rede sein, die Argumentation der Verlagsseite wird kritiklos übernommen. Dies ist in vielen Zeitungen der Fall, und hier wird deutlich, wie wichtig eine gut organisierte Öffentlichkeitsarbeit pro Open Access ist. „Berichterstattung über Open Access“ weiterlesen