Big Brother Awards 2017: Google Fonts, Coursera und Change.org

Die Big Brother Awards 2017 wurden heute verliehen. Neben dem schon einer breiteren Öffentlichkeit bekannten Preisträger DİTİB wurden auch ein blog-relevanter Preis verliehen: Bildung: Technische Universität München (TUM) und Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) für die Kooperation mit dem auch hier schon erwähnten MOOC-Angebot Coursera.

Darüber hinaus gibt es “tadelnde Erwähnungen” für auch von einigen Bibliotheken akzeptierte und verbotene Ausweiskopien und für Google Fonts in Bibliothekswebseiten. In einem Artikel hatte ich letztes Jahr dargestellt, wie viele Bibliotheken solche Third-Party-Elemente in ihren Webseiten haben. Ergebnis: Mehr Infos gibt es im Artikel. Die Begründung der für diesen Tadel:

Wenn wir eine Internetseite aufrufen, kommt sie so gut wie nie nur von einem Anbieter. Wir surfen eine Netzadresse an und ohne dass wir es merken, werden verschiedene Inhalten von verschiedenen Servern geladen: Texte und Fotos vielleicht vom Anbieter der Seite, Werbung von verschiedenen Werbe-Servern, Videos von Youtube oder Schriftarten von Google. Genauer gesagt sind es die Beschreibungsdateien von Schriftarten, die von Google geladen werden, die sogenannten „Google Fonts“. Dabei entstehen auch Verbindungsdaten – mindestens unsere IP-Adresse verbleibt beim fremden Server. Google weiß also, dass wir bestimmte Schriften über eine bestimmte Seite geladen habe. Aber Google wird mit den Daten schon nichts, Böses tun. Oder? (Siehe Laudatio zum BigBrotherAward 2013 für Google https://bigbrotherawards.de/2013/globales-datensammeln-google)

Wir finden es nicht in Ordnung, dass in der Standardinstallation des beliebten Blogger-Systems WORDPRESS Schriften installiert werden, die direkt von Google-Servern heruntergeladen werden. Ob eine solche automatische Nachladung überhaupt zulässig ist, bedürfte einer gerichtlichen Klärung, schließlich wird der Nutzer ja quasi „betrogen“. Zumindest wird auf den meisten Seiten nicht über dieses Datenschutzrisiko informiert – und selbst wenn, dann wäre es auch schon zu spät.

Wer ein schickes Theme mit Google Fonts findet, seinen NutzerInnen die Wanzen aus Mountain View aber nicht zumuten möchte, kann sie übrigens mit Plugins wie Disable Google Fonts ausschalten.

Tracking durch "Googles Web Fonts" – reloaded

Im März 2012 fragte ich mich und das Web, ob Tracking via Googles Web Fonts möglich sei. Damals hieß es, das sei vermutlich nicht möglich. Nun steht in der aktuellen c’t (Herbert Braun: “Undercover – wie Google-Werkzeuge auf fremden Websites Daten sammeln”, c’t 11/2014, S. 135):

Immer mehr Webdesigner haben die Nase voll vom Arial-Times-Verdana-Einheitsbrei und nutzen Webfonts, die inzwischen auf allen nennenswerten Browsern laufen. Weil die Einbettung nicht ganz trivial ist und Ärger mit den Font-Lizenzen droht, hat Google die Chance ergriffenund eine kostenlose Bibliothek von mehreren hundert passablen bis guten Schriftarten samt Werkzeug zum Einbetten zur Verfügung gestellt. Die unter Google Fonts bereitgestellten Schriftarten kann man zwar auch auf den eigenen Server kopieren, aber weil sich kaum jemand die Mühe macht, kommt Google mit dem Gratisangebot auf seine Kosten.

Wie schon vor zwei Jahren bitte ich um fachkundige Antwort: Ist das also doch möglich?

Spezielle Schriftart für Legastheniker

Die Textzicke berichtet über Open Dyslexic, eine Schriftart, die Dyslektikern das Lesen erleichtert.

Der Font packt durch seine besonders “bodenschwere” Gestaltung die gängigsten Legasthenie-Mechanismen beim Schopfe (Verdrehen und Verwechseln von Buchstaben, Verrutschen in der Zeile) und lacht ihnen so einfach ins Gesicht. Die begeisterten Kommentare von OpenDyslexic-Usern sprechen für sich – das Lesen scheint damit tatsächlich um Klassen einfacher zu sein.

Die Schrift wurde von Abelardo Gonzalez entworfen, der gerade Spenden sammelt, um auf einer TEDx-Konferenz über Open Dyslexic sprechen zu können. Mehr Infos dazu auf der oben verlinkten Seite zur Schriftart oder in seinem Blog, in dem regelmäßig über neue Produkte oder Dienste mit Open-Dyslexic-Unterstützung berichtet wird.

Tracking via Google Web Fonts?

Google hat seit einiger Zeit einen nützlichen und natürlich kostenlosen Dienst namens Google Web Fonts im Angebot. Das Prinzip: Man kann über die entsprechende API Webfonts für seine Webseiten einbinden. Diese Fonts können dann auch auf Rechnern angezeigt werden, die diese Schriftart nicht installiert haben. Wie das genau funktioniert, wird u.a. von Elmastudio beschrieben.

Wenn Google diese Schriftarten zur Verfügung stellt und diese Schriftarten vom Browser angezeigt werden: Kann Google tracken, wer welche Webseiten mit Google Web Fonts aufgerufen hat? Das heißt, es brächte überhaupt nichts, Google Analytics zu blocken, sobald Web Fonts eingebunden sind? Wenn man z.B. die Webseite des schwedischen Piratenpartei-Gründers besucht, ist dort nämlich nicht nur Google Analytics eingebunden, sondern auch die API für Web Fonts.

Meine Frage an alle AuskennerInnen: Ist das tatsächlich so? Ich habe zwar eine Menge Hinweise dazu gefunden, aber keine definitiv bestätigende Aussage.

Wikipedia(EN):

Google has been suspected to collect and aggregate data of internet users through the various tools provided to developers, such as Google analytics, Google Web fonts and Google APIs. This might allow to figure out a user’s route through internet by storing it’s IP on each site (cross-domain web tracking). Linked to other information made available through Google APIs, which are widely used, Google might be able to provide a quite complete web user profile linked to an IP. This kind of data is invaluable for marketing agencies, and for Google itself to increase the efficiency of its own marketing/advertising activities.

Google is encouraging developers to use their tools and actively encouraging developers to communicate end-user IP’s to Google (https://developers.google.com/web-search/docs/): “Developers are also encouraged to make use of the userip parameter to supply the IP address of the end-user on whose behalf you are making the API request. Doing so will help distinguish this legitimate server-side traffic from traffic which doesn’t come from an end-user.”

Trash-Wissen.de:

Wer Webfonts verwendet, bindet diese mittlerweile in aller Regel via „Google Webfonts“ ein. Das bringt unter bestimmten Bedingungen weniger Traffic, schnellere Ladezeiten, einen Eintrag in der Tracking-db von Google, und eine Kerbe in der Wahrnehmung der Urheber der Schriften.

Ein Nischenangelegenheit ist dies längst nicht mehr. Etliche WordPress-Themes setzen inzwischen auf die Web-Font-API, z.B. das populäre Liquorice-Theme. Als Webseitenanbieter kann man sich dagegen entscheiden, die Web-Fonts über die API einzusetzen. Als Surfer muss man dagegen a) erst einmal davon wissen und b) in der Lage sein, das Tracking zu blockieren.

Wenn Google Webseitennutzung über die Fonts wirklich nachverfolgen kann: Wie blockt man die Fonts-API?