Bibliothekarische Fachkommunikation 2010

Wir wurden erforscht, und zwar gleich mehrfach. Schon auf der Inetbib-Tagung haben Irene Barbers, Heike Gennermann, und Sabine Hack “IT-bezogene Trendthemen in der Diskussionsliste InetBib und deren Reflexion auf der InetBib-Tagung 2010” untersucht. Verglichen wurden Aktualität und Inhalt von Inetbib-Liste, -Tagung und Fachblogs am Beispiel von Netbib und Infobib.

Und Petra Marker hat in ihrer Diplomarbeit “die Rezeption bibliothekarischer Fachblogs in Deutschland” analysiert. Fazit: Es gibt immer noch sehr viele Bibliothekswesen, die Fachblogs nicht nutzen. Nutzung ist in diesem Sinne natürlich ein weiter Begriff, aber schon das Lesen von Blogs wird hier offensichtlich so verstanden. Als häufigste Gründe für die Nichtnutzung wurden angegeben: [1] S. 57

  1. die veröffentlichten Informationen sind für mich uninteressant/
    irrelevant
  2. die veröffentlichten Informationen sind nicht qualitätsgesichert
  3. ich kenne zu wenige fachlich relevante Blogs
  4. die Art der Informationsaufmachung der Fachblogs spricht mich
    nicht an
  5. ich bin unsicher in der technischen Handhabung der Fachblogs
  6. ich bevorzuge Mailinglisten, Fachzeitschriften, etc. als Informationsquelle

Dazu:

  1. Legitimer Einwand. Aber: Wem das Angebot nicht gefällt, kann gerne ein weiteres, besseres, passenderes Blog einrichten.
  2. Ein sehr lustiger Einwand. Wo bekommt man denn qualitätsgesicherte Informationen? Im Bibliotheksdienst? In BIT Online? Oder den anderen, einem knallhartem Double-Blind-Peer-Review unterworfenen Cutting-Edge-Zeitschriften im deutschsprachigen Raum?
  3. Siehe Punkt 1.
  4. S. Planet Biblioblog
  5. Ich bin unsicher bei der Beantwortung dieser Frage. Meine erste Antwort wäre: Anklicken, lesen, kommentieren. Vermutlich haben schon einige Weblogs genutzt, ohne es zu wissen.
  6. Zu diesem Punkt ein Ergebnis aus dem Inetbib-Vortrag: Blogs greifen Innovationsthemen zuerst auf. Beispiel: Wer sich über Open-Source-Bibliothekssysteme informieren wollte, konnte dies in Blogs schon ca. 2001 machen. In den ausgewerteten Fachzeitschriften (ABITechnik und BIT-online) wurden gar keine Artikel zu diesem Thema gefunden.

Bei der Bibcamp-Session über bibliothekarische Fachkommunikation wurde übrigens stets betont, wie wichtig es ist, Scheitern zuzulassen, einzugestehen und darüber zu berichten. Mehr dazu in einem weiteren Blogposting, da das Thema zu wichtig ist, um nur nebenbei abgehandelt zu werden. Aber dies ist definitiv auch etwas, das eher in Blogs und Mailinglisten als in Fachzeitschriften stattfinden würde.

Egal, wie kommuniziert wird, es sollte diskutiert und nicht nur verkündet werden. Festzustellen ist dazu, dass zu wenig und fast ausschließlich ritualisiert kommuniziert wird. Projektberichte sind (frei nach ? auf dem Bibcamp) meist offene Briefe an die Projektgeber ohne größeren Mehrwert für die Fachöffentlichkeit. Die Bibliothekswesen haben immer noch keinen Blog auf offene Kommunikation.

Sehe ich zu schwarz? Immerhin haben die weitaus meisten Umfrageteilnehmer Unkenntnis relevanter Fachblogs als Gründe für die Nichtnutzung angegeben. Zitat: Die weiteren vorgegebenen Gründe scheinen nicht vorrangig ausschlaggebend für die Nichtnutzung zu sein. [2] S. 58 Da auch festgestellt wurde, das kaum jemand seine Kenntnis von Fachblogs über Plakate erlangte, sollten man vielleicht in Erwägung ziehen, Infobib-Plakate oder einen Flyer zu Archivalia zum Download anzubieten. Oder Netbib zu verfilmen. Jakoblog, das Musical. Medinfo als Hörbuch. Die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt.

Beim Bibcamp gab es übrigens auch eine Session speziell zur bibliothekarischen Fachkommunikation.

[via Netbib]

References

References
1 S. 57
2 S. 58

YaCy als Open-Access-Suchmaschine

Im letzten Herbst wünschte ich mir eine dezentrale Alternative zum OAIster. Der YaCy-Entwickler Michael Christen fand die Thematik spannend und teilte mir mit, dass YaCy intern auch schon einige Vorraussetzungen beherrscht, um bibliographische Daten zu bearbeiten, unter anderem den Umgang mit Dublin Core. Im Bibcamp-Blog schrieb ich im Oktober recht optimistisch:

Ein interessante Frage stellt sich aktuell durch die drohende OAIster-Wegschließung: Wie kann man man eine dezentrale Alternative zu OAIster schaffen? Bis zum Bibcamp wird vermutlich ein YaCy-Prototyp für die Suche in Dokumentenservern stehen. Das Bibcamp bietet eine hervorragende Gelegenheit, diesen Prototypen auf Herz und Nieren zu prüfen und vielleicht sogar direkt vor Ort zu verbessern!

Der Prototyp ist da, und werden mehrere YaCysten beim Bibcamp sein, die sicherlich gerne über bibliothekarische Anwendungen von YaCy diskutieren würden. In einer indischen Bibliothek wird es schon für eine digitale Bibliothek eingesetzt, die mehr als 2TB Audio, Video und E-Books und eine HTML-Oberfläche mit über 800.000 Seiten umfasst. Denkbar und sinnvoll wäre eine Anwendung zum Beispiel in Virtuellen Fachbibliotheken. Wenn man sie schon mit viel Aufwand konstruiert und mühsam Webquellen sammelt, könnte man den Index auch anderen zur Verfügung stellen. Und genau dies ist mit YaCy möglich.

Ich habe die neueste Version übrigens mal testweise auf meinem Desktoprechner installiert und innerhalb kürzester Zeit 20 Repositories mit bis zu 35.000 Dokumenten indexiert. Geht ganz einfach, und ist hier erklärt. Für einen Prototypen sehr respektabel, wie ich finde.

Bibcamp³ und Inetbib 2010 als hCalendar

Dieses Posting dient mehr oder weniger Testzwecken. Der Besuch der Veranstaltungen ist natürlich dennoch angeraten.

May 7th : 9th, 2010 Bibcamp³ at Fachhochschule Hannover

Das BibCamp ist eine Art BarCamp rund um Bibliotheken. Wir möchten eine Kommunikationsplattform für einen Erfahrungsaustausch im Bereich Bibliotheken und wissenschaftliche Kommunikation schaffen. Herzlichst eingeladen sind alle BibliothekarInnen, Studierenden, DozentInnen aus dem Bibliotheksbereich und natürlich auch die BibliotheknutzerInnen. Wir sprechen aber bewußt auch Hacker aus verwandten Bereichen wie Archiv, Museum, E-Learning, Informationswissenschaft, Wissensmanagement und IT-Entwicklung an.

April 14th : 17th, 2010 Inetbib 2010 at ETH Zürich

Die InetBib-Tagung ist ein Kongress der E-Mail-Diskussionsliste InetBib zu allem rund um die “moderne Bibliothek”.

In des Nutzers Schuhen

CC: BY-NC by Mary and The Baby Cheeses
CC: BY-NC by Mary and The Baby Cheeses

“Denn wir wissen nicht, was sie wollen” ist ein Posting von Margret Plank im Bibcamp-Blog betitelt. Sie beklagt das Desinteresse der Nutzer an von der Bibliothek angebotenen Schulungen und Fortbildungen. Um herauszufinden, was die Nutzer wirklich wollen, schlägt sie vor: “Walk a mile in user shoes.”

Eine richtig gute Idee. Momentan ist es ja noch oft der Fall, dass sogenannte Entscheider meist wenig bis gar keinen Nutzerkontakt haben. Gerade in großen Bibliotheken. Welche BibliotheksdirektorInnen setzen sich ab und an mal in die Ausleihe oder die Auskunft? Welche Dezernenten, Referenten? Es ist – zumindest soweit ich das überblicken kann – eine Minderheit. Was die Bibliotheksleitung angeht, kann man das noch für vertretbar halten, solange sie sich auch sonst aus dem Tagesgeschäft heraushält.

Aber spätestens wenn es an die in manchen Bibliotheken “Produktentwicklung” genannte Konzeption von Dienstleistungen geht, ist Distanz zum Nutzer problematisch. Niemand würde einen Ingenieur zur Konzeption eines Autos anwerben, der noch nie wirklich am Straßenverkehr teilgenommen hat.