Schultrojaner: Schlupfloch für Schulen

Sebastian Koch schreibt im Blog der Digitalen Linken, dass der Einsatz des Schultrojaners nicht erzwungen werden darf:

So können in Niedersachsen die einzelnen Schulen nicht gezwungen werden, die nach §6.4 des Gesamtvertrages zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach §53 UrhG (PDF) einzusetzende Plagiatssoftware auch wirklich zm Einsatz zu bringen, wie die Landesregierung im Kultusausschuss Ende 2011 mitteilte. Die Bundesländer seien lediglich verpflichtet, eine freundliche Bitte an die Schulträger zu richten, den Schultrojaner doch dann auch zu benutzen, wenn er denn jemals vorliegt – mehr nicht.

Schulbibliotheken, Schultrojaner und der Code of Ethics

Aus dem Code of Ethics des BID:

Wir respektieren die Privatsphäre unserer Kundinnen und Kunden. Wir speichern personenbezogene Daten nur zur Erbringung unserer Dienstleistung und nur im gesetzlichen Rahmen. Anderen Behörden stellen wir Benutzerdaten nur im engen Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zur Verfügung.

Da in Schulbibliotheken wohl hauptsächlich Schulrechner aufgestellt sind, ist der “Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG” (die Grundlage für den Einsatz des Schultrojaners) hier sicherlich relevant.

Inzwischen zieht das Thema weitere Kreise. Netzpolitik hat verschiedene Pressestimmen gesammelt. Auch Biblioblogs haben das Thema aufgegriffen, z.B. Markus Trapp oder Klaus Graf.

Gibt es von Bibliotheksverbänden schon Äußerungen zum Schultrojaner?

Schultrojaner? Karlsruhe, bitte übernehmen Sie!

Die Kultusminister der Länder haben Verlagen vertraglich zugesichert, mittels Überwachungssoftware auf Schulrechnern nach “Plagiaten” (gemeint sind urheberrechtlich geschützte Materialien) suchen zu dürfen. Paragraph 6, Absatz 4 aus dem “Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG” (PDF):

Die Verlage stellen den Schulaufwandsträgern sowie den kommunalen und privaten Schulträgern auf eigene Kosten eine Plagiatssoftware zur Verfügung, mit welcher digitale Kopien von für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werken auf Speichersystemen identifiziert werden können. Die Länder wirken – die technische und datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit der Software vorausgesetzt – darauf hin, dass jährlich mindestens 1 % der öffentlichen Schulen ihre Speichersysteme durch Einsatz dieser Plagiatssoftware auf das Vorhandensein solcher Digitalisate prüfen lässt. Der Modus der Auswahl der Schulen erfolgt – aufgeschlüsselt nach Ländern und Schularten – in Absprache mit den Verlagen auf Basis eines anerkannten statistischen Verfahrens. Die Überprüfungen erfolgen ab Bereitstellung der Software, frühestens jedoch im 2. Schulhalbjahr 2011/2012.

Netzpolitik.org fasst zusammen:

Unsere Kultusminister schließen einen Rahmenvertrag mit Rechteinhabern und erlauben diesen im Gegenzug, einen Schultrojaner auf unsere Schulen loszulassen, und ggf. Lehrer für unberechtigte Kopien zu sanktionieren. Es klingt wie eine Schnapsidee, wobei es äußerst fragwürdig ist, ob das überhaupt rechtlich durchführbar ist. Hat das eigentlich mal jemand vor Vertragsabschluß durchdacht? Erschütternd ist, dass unsere Kultusministerien sowas überhaupt verhandelt und dann durch den bayrischen Kultusminister unterschrieben haben. Noch ist Zeit, den Einsatz dieser Schnüffelsoftware zu verhindern.

Man muss es sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: im Dezember letzten Jahres haben die Kultusminister der Länder einem Vertrag zugestimmt, der es Verlagen erlaubt, auf Schulrechnern Software zwecks Überwachung der dort liegenden Inhalte zu installieren. Auch Schulbibliotheksrechner sind übrigens Schulrechner. Karlsruhe, bitte übernehmen Sie. Danach möge es bitte gesunden Menschenverstand und ein wenig Bewusstsein für Grundrechte vom Himmel regnen.