Pressemitteilung zu Wikidata

Quelle: Pressemitteilungen/PM 3 12 Wikidata, CC: BY-SA

Die Zukunft der Wikipedia

Wikidata wird das erste neue Wikimedia-Projekt seit 2006

Vom 30. März bis 1. April findet in Berlin die jährliche Wikimedia Conference mit Teilnehmern aus 40 Ländern statt. Zeitgleich startet Wikimedia Deutschland mit Wikidata ein völlig neues Wikimedia-Projekt. Wikidata wird eine offene Datenbank für das Wissen der Welt werden, an der jeder mitarbeiten kann. Das erste Ziel des Projekts ist es, die mehr als 280 Sprachversionen von Wikipedia mit einer einzigen gemeinsamen Datenquelle auszustatten. Damit können weltweit die Daten der Artikel in allen Sprachen der freien Enzyklopädie ergänzt und zentral gepflegt werden. Aber auch außerhalb von Wikipedia können die Daten verwendet werden, zum Beispiel in Blogs oder auf Webseiten. Das Prinzip einer gemeinsamen Datenquelle soll die Qualität und Übereinstimmung von Wikipedia-Artikeln verbessern. Durch Wikidata werden mehr Informationen in kleineren Sprachversionen von Wikipedia verfügbar gemacht. Gleichzeitig wird es für Zehntausende freiwillige Wikipedia-Autoren erheblich einfacher, Daten in der Enzyklopädie aktuell zu halten.

Der Vorstand von Wikimedia Deutschland, Pavel Richter, erklärt : “Wir betreten Neuland. Wikidata ist das größte technische Projekt, das jemals eine der 40 Länderorganisationen der Wikimedia-Bewegung in Angriff genommen hat. Wikimedia Deutschland widmet sich mit Begeisterung der Aufgabe, durch Wikidata die Datenverwaltung der größten Wissenssammlung der Menschheit deutlich zu verbessern.”

Neben den Wikimedia-Projekten werden auch zahlreiche externe Anwendungen von den Daten profitieren. Mit Wikidata können Daten vernetzt und annotiert werden, was beispielsweise für wissenschaftliche und öffentliche Daten von großer Bedeutung ist. Die Wikidata-Inhalte werden unter einer freien Creative Commons-Lizenz veröffentlicht.

Das Projekt wird mittels einer Großspende von 1,3 Millionen Euro finanziert, die zur Hälfte vom Allen Institute for Artificial Intelligence ([ai]²) stammt. Das Institut wurde 2010 von Paul G. Allen, Mitgründer von Microsoft, ins Leben gerufen und unterstützt langfristige Forschungsarbeiten, die den Fortschritt auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz beschleunigen sollen.

“Wikidata ist eine einfache wie kluge Idee und ein bedeutender nächster Schritt in der Entwicklung von Wikipedia”, sagt Dr. Mark Greaves, Vizepräsident des Allen Institute for Artifical Intelligence. “Es wird die Art und Weise verändern, wie enzyklopädische Daten veröffentlicht, zugänglich gemacht und von Menschen weltweit verwendet werden können. Wikidata baut auf semantischen Technologien auf, die wir seit Langem unterstützen. Das Projekt wird den Takt wissenschaftlicher Entdeckungen beschleunigen und der Welt eine außergewöhnliche neue Datenquelle bereitstellen.”

Ein Viertel der Entwicklungskosten von Wikidata ist durch eine Spende der Gordon and Betty Moore Foundation gesichert. Die Vision der Gordon and Betty Moore Foundation ist es, messbare, nachhaltige und weitreichende Erfolge in Umweltschutz und Wissenschaft zu erzielen.

“Wikidata ist für die Forschung bedeutend”, sagt Chris Mentzel vom wissenschaftlichen Programm der Gordon and Betty Moore Foundation. “Das Projekt wird ein wichtiges Datenangebot für Wikipedia sein. Zusätzlich können beispielsweise Wissenschaftler die einfach bedienbare Wikidata-Software herunterladen. Wikidata ermöglicht ihnen, ständig wachsende und komplexe wissenschaftliche Datenmengen zu verwalten und daraus wertvolle Schlüsse zu ziehen.”

Google, Inc. stellt ein weiteres Viertel der Wikidata-Finanzierung bereit. Chris DiBona, Leiter des Bereichs Open Source, sagt: “Googles Auftrag ist es, die Informationen der Welt überall zugänglich und sinnvoll verwendbar zu machen. Darum freuen wir uns, am Projekt Wikidata teilzuhaben. Wir hoffen, dass damit erhebliche Mengen strukturierter Daten der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden können.”

Wikidata wird in drei Phasen entwickelt. Der Abschluss der ersten Phase erfolgt voraussichtlich bis August 2012. Darin werden Links zwischen verschiedenen Sprachversionen von Wikipedia zentral an einer Stelle gesammelt. In der zweiten Phase können Nutzer Daten verwenden und neue hinzufügen. Die Ergebnisse der Auswertung werden hierfür im Dezember 2012 veröffentlicht. Die dritte und letzte Phase wird die automatische Erstellung von Listen und Grafiken erlauben.

Wikimedia Deutschland führt die drei Phasen aus und übergibt anschließend den Betrieb und die Wartung von Wikidata an die Wikimedia Foundation. Geplanter Übergabetermin ist März 2013. Das Team von acht Software-Entwicklern wird von Dr. Denny Vrandečić geleitet. Er wechselte vom Karlsruher Institut für Technologie zu Wikimedia Deutschland. Zusammen mit Dr. Markus Krötzsch von der University of Oxford hat er das Semantic-MediaWiki-Projekt gegründet. Der Projektvorschlag für Wikidata wurde mit finanzieller Unterstützung des EU-Projekts RENDER entwickelt, an dem Wikimedia Deutschland als einer der Anwendungspartner ebenfalls beteiligt ist.


Links

HGIS Germany

Stefan H. machte mich auf HGIS Germany aufmerksam.

HGIS Germany ist ein historisch-geographisches Informationssystem, das auf Flächenbasis aufgebaut ist und die Entwicklung der Mitgliedstaaten des Deutschen Bundes (bzw. des Norddeutschen Bundes/Deutschen Reiches) von 1820 bis 1914 abbildet. Es verbindet damit Informationen zu Raum und Zeit in einem Informationssystem. […] Den geographischen Daten sind historische Informationen, wie etwa Bevölkerungszahlen, Wirtschaftsdaten, dynastische Verbindungen oder auch multimediale Staatenbeschreibungen, zugeordnet.

Ein Beispiel ist die Visualisierung der Streichgarnproduktion in Preußen:

Dieses hübsche Projekt zeigt sehr schön auf, wie man historische Daten visualisieren kann. Und nun sich mir die Frage: Könnte man so etwas nicht auch mit Freebase hinbekommen? Durch Freebase Parallax bieten sich dem geübten Herumklicker schon etliche Visualisierungsmöglichkeiten. Auch wenn ich es spontan nicht hinbekommen habe: Ich sehe es als nicht unmöglich an, die Zeitleiste mit den Map-Funktionen zu kombinieren. Wenn das jetzt tatsächlich noch nicht gehen sollte, kann man eine solche Funktion sicherlich implementieren.

So schnell werden wir das jedoch nicht herausfinden können. Denn:

© HGIS Germany, 2006-2007. All rights reserved.

Eine Nachnutzung der erstellten Datenbanken ist also offensichtlich nicht vorgesehen. Immerhin kann HGIS auch so z.B. für schulische Zwecke verwendet werden.

Berliner Manifest: Öffentliche Dienste 2.0

Auf einer Verdi-Konferenz zur „Staatlichen Verantwortung und Öffentlichen Daseinsvorsorge in der Informationsgesellschaft“ wurde ein Berliner Manifest verabschiedet, dessen Volltext bei Netzpolitik.org einzusehen ist. Das riecht nach einem klassisch bibliothekspolitischen Thema. Im Folgenden sind die Punkte herausgepickt, in denen Bibliotheken auf den ersten Blick eine Rolle spielen.

1. Grundversorgung und offener Zugang!
Offener Zugang zum Internet gehört heute zu den unverzichtbaren Voraussetzungen einer Informationsgesellschaft. Nicht am Internet teilhaben zu können, bedeutet den Ausschluss aus weiten Teilen des gesellschaftlichen und familiären Lebens, Ausschluss von Bildungs- und Informationsmöglichkeiten, von demokratischer Teilhabe – privat, wie beruflich.

Jeder Bürger – ob in Stadt oder Land, ob arm oder reich, ob behindert oder nicht – benötigt Zugang zum Internet mit ausreichender Bandbreite. Um die „digitale Spaltung“ von Arbeitswelt und Gesellschaft zu verhindern, gilt es:

Die Grundversorgung neu zu definieren, Zugang für alle Menschen auch dadurch zu garantieren, dass Dienstleistungen von „Mensch zu Mensch“ erhalten bleiben und in der Arbeitswelt alle Beschäftigten (z.B. auch ArbeiterInnen) Zugang zu Intra- und Internet bekommen.

Logisch: So lange es keine Hartz-IV-Flatrate gibt, ist der Internetzugang über die Bibliothek für viele zumindest theoretisch eine Möglichkeit, ins Internet zu gelangen. Wenn nicht sogar die Einzige. Siehe auch hier.

Das Bibliotheken von ganzen Bevölkerungsschichten kaum genutzt werden [1] unbelegte Behauptung. Hat jemand Zahlen parat? , steht dem faktisch allerdings im Weg.

3. Keine Privatisierung öffentlicher Güter im virtuellen Raum!
Öffentliche Archive, Bibliotheken, Museen und andere Kulturstätten gehören der Allgemeinheit – deren Bestände und Schätze auch in digitalisierter Form. Ihre Veräußerung oder Abtretung an private Einrichtungen muss unterbleiben.

Was mit öffentlichen Geldern oder Zuschüssen finanziert wurde, muss für die Öffentlichkeit frei zugänglich sein und sollte entsprechend der neuen technischen Möglichkeiten auch digital öffentlich und weitgehend kostenfrei nutzbar gemacht werden.

Kurz gefasst: Mehr Open Access, weniger Copyfraud. (Ich habe gerade mit Erstaunen festgestellt, dass es bei Archivalia keine gleichnamige Kategorie gibt. Über die Suchfunktion erhält man jedoch einen guten Überblick.)

References

References
1 unbelegte Behauptung. Hat jemand Zahlen parat?

Stiglitz & Sulston fordern Open Access (zumindest zwischen den Zeilen)

Die meist hitzige Debatte über geistiges Eigentum geht in eine neue Runde; diesmal angestoßen von sehr prominenter. Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz kritisiert – gemeinsam mit Medizin-Nobelpreisträger John Sulston – das System des geistigen Eigentums:

It is now widely recognised that the system of law and practice that has regulated science and protected the rights of those who make scientific discoveries and turn them into products and therapies in a process known as “innovation” is unfit to serve the needs of the contemporary world.

Weiter:

The second issue we wish to highlight is that of access to science itself. The ideal shared by almost all scientists is that science should be open and transparent, not just in its practices and procedures, but so that the results and the knowledge generated through research should be freely accessible to all. There is a broad consensus in the scientific community that such openness and transparency promotes the advancement of science and enhances the likelihood that the benefits of science are enjoyed by all. For more than a hundred years, these principles have been the bedrock of academia and the scientific community.

Ohne Sulston und Stiglitz Naivität unterstellen zu wollen: Liege ich sehr falsch, wenn ich den meisten vielen manchen Wissenschaftlern wesentlich weniger edle Motive unterstelle? Das Zurückhalten von Informationen ist doch immer noch gängige Praxis, wird durch die Konkurrenz bei Projektanträgen auch (ungewollt) gefördert.

Die Richtigkeit von Sulston & Stiglitz’ Folgerungen bleibt davon natürlich unberührt. Auch wenn die Worte open und accessible im Text nicht direkt nebeneinander stehen, ist eindeutig, wie diesen Forderungen entsprochen werden kann und muss.

Mehr im offenen Brief von S&S in der Times.

Textfeld – Freiheit für Österreichs Studienarbeiten

Open Access auch für Studienarbeiten ist der simple Gedanke, der hinter einem Projekt namens Textfeld steht. In der Selbstbeschreibung ist zu lesen:

Aus der einfachen Idee, Studienarbeiten für alle im Internet zugänglich zu machen, entwickelte sich der Anspruch, österreichweit und fächerübergreifend Wissen zu vernetzen, sowohl von Studierenden als auch von erfahrenen ForscherInnen erarbeitet. Vor allem für JungforscherInnen will textfeld eine Plattform bieten, auf der sie erste Publikationserfahrungen machen können. Wir sind auch der Auffassung, dass die erweiterte Möglichkeit zur Publikation ein zusätzlicher Ansporn ist, qualitativ hochwertige Recherche- und Forschungsarbeit zu leisten. Weiters sehen wir im öffentlichen Diskutieren von Forschungsergebnissen (“Public Peer Review”) eine Alternative zum bisherigen System der etablierten Fachzeitschriften. Mittelfristig ist es unser Ziel, den technischen Rahmen für diese neuen Strukturen zu bieten.

Auf diese Weise erhält eine Arbeit z.B. über den “die demokratischen Potentiale von Wegblogs” mit momentan fast 300 Downloads doch eine beachtliche Aufmerksamkeit, die ihr ohne Textfeld wohl nicht zuteil geworden wäre.

"Open Education" – Die Kapstadt-Erklärung

Nach den drei B-Erklärungen des Open Access (Bethesda, Budapest und Berlin) hat nun auch die Open-Education-Bewegung eine Erklärung, die zur Zeichnung offen steht: Kapstadt Open Education Declaration.

Das in der Erklärung genannte Hauptziel: Jeder sollte die Freiheit haben, Bildungsmaterialien zu nutzen, zu verändern, verbessern und weiterzugeben – ohne Einschränkungen.

Dies soll durch drei unterschiedliche Strategien erreicht werden:

  1. Lehrende, Schüler und Studenten: Wir ermuntern Lehrende (Professoren, Dozenten, Lehrer etc.) und Studierende, aktive Teilnehmer der “Open Education”-Bewegung zu werden. Teilnehmen bedeutet: frei zugängliche Bildungsmaterialien zu erstellen, benutzen, oder zu verbessern; Praktiken umzusetzen, die auf offener Kollaboration und gemeinsamer Erschließung von Wissen als Teil der Lehre basieren; Freunde und Kollegen einzuladen, an der Bewegung teilzunehmen. Die Erstellung und Nutzung von frei zugänglichenBildungsmaterialien sollte als integraler Teil von Bildung anerkannt werden.
  2. Frei zugängliche Bildungsmaterialien: Wir regen die Autoren und Verleger von Bildungsmaterialien dazu an, ihre Ressourcen frei zugänglich zu machen. Lizenzbedingungen sollten die Nutzung, Veränderung, Übersetzung, Verbesserung, und Weitergabe des Materials ermöglichen. Es soll in technischen Formaten bereitgestellt werden, welche die Verwirklichung dieser Möglichkeiten unterstützen, und Nutzern verschiedener Computersysteme zugänglich sind. So weit möglich, sollten die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung berücksichtigt werden. Idealerweise sollten auch Nutzer ohne Internet einbezogen werden.
  3. Richtlinien und Politik: Regierungen, Verwaltungen, Schulen und Universitäten sollen frei zugängliche Bildungsmaterialien zu einem Thema mit Priorität machen. Bildungsmaterialien, die mit Hilfe von Steuergeldern erstellt werden, sollten offen zugänglich sein. Bei der Auswahl anerkannter Lehrmaterialien für den Unterricht und die Lehre, sollen “Open Educational Resources” Vorzug finden. Bildungseinrichtungen sollen aktiv frei zugängliche Materialien fördern und ihre Relevanz hervorheben.

Zu den Erstunterzeichnern gehört u.a. Jimmy Wales.

[via Heise]