Diskussionen über Open Data bleiben oft abstrakt, die Frage nach einem konkreten Anwendungsfall schwebt immer wieder im Raum. “Wer will denn überhaupt diese Daten haben?” Um diese Frage mit einem Beispiel zu beantworten: ich.
Mein Anwendungsfall ist der Aufbau einer Hochschulbibliographie. Dort sollen nicht nur die Autoren und ihre Publikationen verzeichnet werden, das System soll vielmehr ein Abbild der Forschungsaktivität der Hochschule sein. Dazu setzen wir auf VIVO. Und VIVO arbeitet mit Linked Data.
Ich habe das System und seine Komponenten hier im Blog schon beschrieben. Um meinen Anwendungsfall zu verstehen, reicht ein Blick auf dieses Profil der Boeing Company im VIVO der Cornell University.
Man kann in VIVO also Firmen abbilden, die in irgendeiner Art mit der Forschungs-, Lehr- oder Publikationstätigkeit in Verbindung stehen. Dies ist von vielen Seiten gewünscht. Manche möchten Transparenz darüber, wer die Hochschulforschung finanziert. Andere möchten wissen, welche ProfessorInnen die fleissigsten Drittmitteleinwerber sind. Manche möchten sich dadurch einfach als industrienah präsentieren oder sind auf der Suche nach neuen Kooperationspartnern. Motive gibt es vielerlei.
Nun kann man diese Daten natürlich per Hand eingeben oder die hausintern vorliegenden Daten (die berühmten Excel-Tabellen) nachnutzen. Doch ist das wirklich notwendig? Warum muss jede Hochschule diese Daten selbst pflegen? Welcher Aufwand steckt dahinter, die Daten korrekt und vollständig zu halten? Ich kann ihn nicht beziffern, eine grobe und meines Erachtens durchaus realistische Abschätzung lautet allerdings: er ist mir zu groß.
Und hier kommt der deutsche Datengeiz ins Spiel. OpenCorporates ist ein Verzeichnis für Firmeninformationen. Eines der besonderen Art. Die Daten sind unter ODbL lizenziert, es gibt tolle Schnittstellen und es finden sich dort Infos über sagenhafte 62,035,536 Firmen. Ein beachtlicher Berg!
Davon sind 40,155 aus Albanien, 45,423 aus Aruba, 68,711 aus Pakistan, 104,852 aus Gibraltar, 535,779 aus Irland, 723,842 aus Norwegen, 1,559,918 aus Südafrika oder 8,199,109 aus Großbritannien. Aus Deutschland: 0. Keine einzige.
Nichts gegen Aruba! Eine Insel, deren Wahlspruch “Una isla feliz” (kreolisch für “Eine glückliche Insel”) sicherlich berechtigt ist. Auch die wirtschaftlichen Aktivitäten sind bei 45.000 Firmen auf etwa 100.000 Einwohnern sehr beachtlich. Aber wie kann es sein, dass Aruba schafft, was für Deutschland nicht möglich ist? Liegt es daran, dass der Wahlspruch Deutschlands “Amtsgeheimnis” lauten könnte?
Die Diskussion darüber hatte ich kürzlich erst mit OKF DE, Marian Steinbach und Friedrich Lindenberg. Es wird Zeit, dass sich etwas tut.