World Digital Library in Wikileaks

Unter den in den letzten Tagen von Wikileaks veröffentlichten Dokumenten aus dem Cablegate-Fundus befinden sich drei Cables, die sich mit der World Digital Library der UNESCO befassen.

Bibliotheksverbände verschweigen Wikileaks

Peter Mayr hat in seinem Blog Ethik von unten die Wikileaks-Resolution der ALA aufgegriffen. Zu den Reaktionen anderer Bibliotheksverbände schreibt er:

Übrigens ist die ALA nicht die einzige Bibliotheksorganisation die sich zum Fall WikiLeaks geäussert hat, auch die Norwegischen Bibliotheksverbände haben ein Statement veröffentlicht.

Im BID gibt es ja die Arbeitsgruppe „Bibliothek und Ethik“, die in Ihrer Selbstbeschreibung meint „Die Arbeitsgruppe soll ferner auf aktuelle Konfliktfälle und Kontroversen allgemeiner Art reagieren.“ Ich bin mal gespannt…

Weil’s so schön passt, zitiere ich mich mal selbst:

Der Einsatz “für die freie Meinungsbildung und für den freien Fluss von Informationen” findet sicherlich hinter den Kulissen statt. In zukünftigen Wikileaks-Veröffentlichungen werden wir lesen können, wie unerbittlich die Vertreter des Bibliothekswesens in Sachen Wikileaks für die Meinungsfreiheit gekämpft haben.

Aber dass die Informationsbranche kollektiv schweigt, ist ja nichts Neues.

Cablegategame: Verschlagwortung durch Crowdsourcing

Paul studiert Computer Sciences in den Niederlanden und er hat das Crowdsourcing-Spiel Cablegategame umgesetzt, mit dem Wikileaks-Cables getagged werden können. Er selbst hat mit den Daten gar nichts besonderes vor, sondern möchte sie frei zur Verfügung stellen. Aus den FAQ:

What are you going to do with this data?
Nothing, I’m hoping that other people know how to do the cool analysis part of this exercise. If you are that person than please go ahead and download the datasets.

Die Tags sind unterteilt in 5 Kategorien: Topic, Organization (Group), Name, Event und Place.

Auszug:

05BRASILIA1067|topic|Agriculture|1
05BRASILIA1067|group|Wto|1
08LISBON1808|topic|Allegation Of Nuclear Material Smuggling – Portugal|2
08LISBON1808|event|7/24/08|1
08LISBON1808|place|Chernobyl|3
07HAMBURG73|group|Consul General|1
07HAMBURG73|place|Hamburg|6
08LISBON1808|event|July 24,2008|3
07HAMBURG73|group|Scientology|4
09BERLIN168|name|Angela Merkel|7

Einen anderen, maschinellen Ansatz der Erschließung verfolgt der CableBot. Sicherlich gibt es noch zahlreiche andere Versuche, die Cables zu erschließen. Besonders interessante Ansätze bitte in die Kommentare!

[Cablegategame via @kprobiesch]

Wer traut der Cloud?

Gartner hat Cloud Computing zu einer der Strategic Technologies for 2011 erklärt. In Wikipedia ist Cloud Computing folgendermaßen zusammengefasst:

Ein Teil der IT-Landschaft (in diesem Zusammenhang etwa Hardware wie Rechenzentrum, Datenspeicher sowie Software wie Mail- oder Kollaborationssoftware, Entwicklungsumgebungen, aber auch Spezialsoftware wie Customer-Relationship-Management (CRM) oder Business-Intelligence (BI)) wird durch den Anwender nicht mehr selbst betrieben oder bereitgestellt, sondern von einem oder mehreren Anbietern als Dienst gemietet. Die Anwendungen und Daten befinden sich dann nicht mehr auf dem lokalen Rechner oder im Firmenrechenzentrum, sondern in der (metaphorischen) Wolke (engl. „cloud“). Das Bild der Wolke wird in Netzwerkdiagrammen häufig zur Darstellung eines nicht näher spezifizierten Teils des Internet verwendet.

Es geht als darum, Ressourcen zu sparen. Klingt attraktiv, doch kann man der Cloud wirklich trauen? Zwei Fälle in der jüngsten Vergangenheit sollten mindestens misstrauisch machen.

Yahoo vs. Delicious.com

Yahoo will Delicious verkaufen. Zumindest nicht mehr schließen, wie es kurze Zeit hieß. Auch wenn sich die erste Aufregung schon wieder ein wenig gelegt hat, steht fest, dass Delicious und ähnliche, in der Cloud gelagerten Dienste nicht Teil einer kritischen Infrastruktur sein dürfen. Wenn die Linksammlung einer Bibliothek kurze Zeit ausfällt, bis sie zu einem anderen Dienst übertragen ist, wäre das nur ärgerlich. Es sind jedoch auch Szenarien denkbar, in denen ein Dienst wie Delicious eine für den Fortgang einer Bibliothek oder eines Forschungsprojekts wesentlichere Funktion einnimmt.

Wikileaks vs. Amazon

Man mag von den Cablegate-Veröffentlichungen halten, was man will. Fakt ist, dass bislang niemand für die Veröffentlichung der Depeschen verklagt oder gar verurteilt wurde. Dennoch hat sich Amazon, wo Wikileaks bislang in der EC2-Cloud gehostet wurde, dazu entschieden, Wikileaks auszusperren. Dies ist ein Vorgehen von nicht zu unterschätzender Relevanz. Wenn zum Beispiel eine Bibliothek ein Online-Archiv in der Cloud errichten möchte, kann sie es auf keinen Fall dem Cloud-Provider überlassen, welche Inhalte sie dort publizieren darf und welche nicht.

Wichtig: Risikoabschätzung

Das Thema “Cloud Computing” ist nicht nur ein Modethema, es ist jetzt schon Alltag. Man denke nur an Google Docs oder die Dropbox. Wenn Cloud-Dienste in Anspruch genommen werden sollen, ist es unbedingt notwendig, die möglichen Risiken abzuschätzen. Hilfreich kann dabei die Broschüre zum Cloud Computing Risk Assessment der European Network and Information Security Agency sein. Dort werden verschiedene Risikofaktoren unterteilt in drei Felder (Technical risks, policy and organizational risks und legal risks) identifiziert und erörtert. Auch der NYT-Artikel “Lost in the Cloud” von Jonathan Zittrain gibt Hinweise auf weitere mögliche Risiken zum Beispiel für den Datenschutz.

PS: Wer noch keine Dropbox hat und mir einen Gefallen tun möchte, kann sich über diesen Link dort anmelden. Durch die Anmeldung bekomme ich eine Prämie in Form von mehr Speicherplatz.

Yahoo zum Delicious-Verkauf

Yahoo hat sich jetzt selbst zur drohenden Schließung von Delicious geäußert. Im Blog heißt es:

No, we are not shutting down Delicious. While we have determined that there is not a strategic fit at Yahoo!, we believe there is a ideal home for Delicious outside of the company where it can be resourced to the level where it can be competitive.

Das klingt schon wesentlich optimistischer. Kandidaten werden zur Zeit noch und nöcher diskutiert. Sogar die LoC war im Gespräch:

The Library of Congress should have bought it, similar to the way it has now archived every Tweet ever tweeted.

So much value. So unappreciated. So tragically lost. Where will we all gather next, where our bookmarks can be centralized for maximum network effect? Perhaps this story demonstrates that’s not the right question to ask.

Wobei es dann vermutlich schwierig wird, seine Wikileaks-Linksammlung über Delicious zu organisieren.

Ein paar Links zu Wikileaks

Ein paar Links rund um Wikileaks:

  • Was WikiLeaks mit Internetsperren zu tun hat
  • Hätten die USA ein Zugangserschwerungsgesetz, wie es Ursula von der Leyen einst vorgeschlagen hat, hätten sie die nötige Infrastruktur – wie würden sie heute verfahren? Würde dieses Werkzeug weiterhin nur gegen Kinderpornografie eingesetzt? Oder wäre ein Land, in dem man Soldaten das Zeitunglesen verbietet, nicht womöglich doch bereit, eine solche Infrastruktur auch zum Schutz der eigenen Bevölkerung vor allzu viel Information zu nutzen? Wären Wikileaks.ch, Wikileaks.de und all die anderen Alternativadressen (mittlerweile sind es weit über 2000), unter denen man die Botschaftsdepeschen und andere Dokumente heute selbst nachlesen kann, von den USA aus noch zu erreichen? Oder würde im Interesse der nationalen Sicherheit nicht vielleicht doch gefiltert?

  • Heinrich C. Kuhn zieht die Konsequenz aus einer befremdlichen Diskussion über Wikileaks in Inetbib und meldet sich nach ca. 15 Jahren ab:
  • Wenn in einer Liste zum Bibliothekswesen nicht mehr einhellig die Freiheit der Information aus öffentlich zugänglichen Quellen verteidigt wird, wenn in diesem Kontext Schreiben über Netiquette wichtiger ist als Erwägen inhaltlicher Argumente und Erwägen was gültige Argumente sind, und was nicht, und warum: wenn dem so ist, dann bin ich zu sehr zum Dinosaurier geworden als dass meines Bleibens noch wäre. Der Punkt ist erreicht.

    Grund dürften unter anderem die absurden Behauptungen sein, die in dieser Diskussion aufgestellt wurden. Völlig unbeleckt jeder Tatsachen vermuten “Informationsprofis” alles mögliche über Wikileaks. Dabei ist eine Faktenprüfung kaum je einfacher gewesen als im Falle Wikileaks. Man nehme: die FAQ zu den Cablegate-Dokumenten. Zweit- und Drittmeinungen und Expertisen jeglicher Couleur sind darüber hinaus einfach zu recherchieren.

  • Der Freitag, die tageszeitung, Frankfurter Rundschau, Perlentaucher, ECCHR, Der Tagesspiegel und Berliner Zeitung veröffentlichen Appell gegen die Angriffe auf Wikileaks
  • Abschließend die Reaktionen von BID, DBV und IFLA auf Wikileaks. An dieser Stelle sei nochmal erinnert an den Code of Ethics (PDF):
  • Wir setzen uns für die freie Meinungsbildung und für den freien Fluss von Informationen ein sowie für die Existenz von Bibliotheken und Informationseinrichtungen als Garanten des ungehinderten Zugangs zu Informationsressourcen aller Art in unserer demokratischen Gesellschaft. Eine Zensur von Inhalten lehnen wir ab.

Der Einsatz “für die freie Meinungsbildung und für den freien Fluss von Informationen” findet sicherlich hinter den Kulissen statt. In zukünftigen Wikileaks-Veröffentlichungen werden wir lesen können, wie unerbittlich die Vertreter des Bibliothekswesens in Sachen Wikileaks für die Meinungsfreiheit gekämpft haben.

Abschließend ein Zitat:

Die Frage, ob wir als Berufsgruppe bedingungslos an die Gesetze halten sollen wird sich dann stellen, wenn staatliche Stellen beginnen zensierend auf das Internet zu wirken. Die Geschichte Deutschlands muß als Warnung dienen. Die Schwelle zur Zensur wird in Deutschland auch in den letzten Jahren aktuell debattiert. Wenn es zu spät ist hilft nur noch ziviler Ungehorsam für das hohe Gut der Informationsfreiheit.

(Gerald Schleiwies im Blog Ethik von unten)

Wikileaks in Not

Wikileaks braucht Geld und streikt:

To concentrate on raising the funds necessary to keep us alive into 2010, we have very reluctantly suspended all other operations, until Jan 6.

Statt des Wikis findet man unter der Adresse wikileaks.de zur Zeit nur einen Spendenaufruf. Einer der Wikileaks-Verantwortlichen beschreibt in einem Interview, warum Wikileaks so wichtig ist und wo genau der Schuh drückt.

Spendenmöglichkeiten sind direkt auf der verlinkten Wikileaks-Seite zu finden.

Lobbypapier gegen Open Source von SirsiDynix

SirsiDynix Corp restricted lobby paper against Open Source technologies

This document was released only to a select number of existing customers of the company SirsiDynix, a proprietary library automation software vendor. According to our source it has not been released more broadly specifically because of the misinformation about open source software and possible libel per se against certain competitors contained therein.

SirsiDynix is currently embroiled in a lawsuit with one of the largest public libraries in the U.S. (Queens Borough, NY) and this document does illustrate the less-than-ethical nature of this company.
The source states that the document should be leaked so that everyone can see to what extent SirsiDynix will attempt to spread falsehoods and smear open source and the proponents of open source.

Eins der “Argumente” gegen Open Source:

Some software isn’t compatible with open source. Choosing any solution may foreclose on other software. This opportunity cost may not be apparent for years when the need for the other software emerges.

Wenn man jetzt “open source” durch “any other software” ersetzt, ändert sich auch nichts an der Aussage. So ein Quatsch!

[via @librarythingtim]

Ergänzung: