Wiley führt Urheberrechtswahnsinn vor

Ständig werden neue Untiefen im Ozean des Urheberrechtswahnsinns erkundet. Von rekordverdächtigem Irrsinn wird aktuell berichtet:

Durch den Verkauf gebrauchter und neuer Bücher wollte sich der thailändische Student Supap Kirtsaeng sein Studium in den USA finanzieren. Dazu gehörten auch acht echte und legal gekaufte Lehrbücher des Wiley Verlags, die ihm Verwandte aus Thailand geschickt hatten. Eine Jury verurteilte ihn dafür wegen willentlicher Urheberrechtsverletzung zu 600.000 Dollar Strafschadenersatz.

So berichtet der Standard unter der Überschrift “US-Gericht erwägt ewiges Urheberrecht”. Im Artikel wird erläutert, was damit genau gemeint ist. Im Kern geht es um die sogenannte “First Sale Doctrine”, nach der ein Rechteinhaber die Kontrolle über die Kope eines Werks verliert, wenn er es verkauft. Einschränkungen dieser Doktrin gibt es inzwischen anscheinend einige, zum Beispiel was den Verkauf von Gebrauchtsoftware (in der EU sieht das neuerdings anders aus) angeht. Im Standard heißt es weiter:

Dieses Recht hat der Eigentümer aber nur, wenn das Werkstück im Sinne des Copyright-Gesetzes rechtmäßig hergestellt wurde. Illegale Kopien dürfen also nicht weitergegeben werden. Hier geht es aber um ganz legale Kopien. Strittig ist, vereinfacht ausgedrückt, ob das Copyright-Gesetz auf außerhalb der USA erfolgte Produktion angewandt werden kann.

Die Konsequenzen, würde das Recht auf diese Weise ausgehebelt werden, sind leicht auszumalen. Die Produktion wird aus den USA in andere Länder verlegt und die Hersteller behalten die ewige Kontrolle über ihre Ware. Sogar Vererbungen könnten laut Standard zustimmungspflichtig werden.

Die American Library Association sieht große Gefahren für das US-amerikanische Bibliothekswesen. In einer Pressemitteilung heißt es:

More than 200 million books in U.S. libraries have foreign publishers. Additionally, many books published by U.S. publishers were actually printed in other countries, and often these books do not indicate where they were printed. If a book does not specify that it was printed in the United States, a library would not know whether it could lend it without being exposed to a copyright lawsuit.

Guttenberg darf bleiben

Guttenberg selbst wurde nach massivem öffentlichen Druck aus dem Dienst entfernt. Das von ihm zusammengeklaubte und -geraubte Werk kann jedoch in Bibliotheksregalen stehen bleiben. Jedenfalls kommt Eric Steinhauer zu folgendem Fazit:

Was folgt daraus für die Praxis? Die geschädigten Urheber müssen den Anspruch aus § 98 UrhG gegen jede einzelne Bibliothek geltend machen. Vorher besteht grundsätzlich keine Handlungspflicht. Im Interesse der Bestandsschonung sollte Guttenbergs Arbeit gleichwohl rarifiziert bzw. auf eine Präsenznutzung beschränkt werden. In jedem Fall aber ist von einer Aussonderung der Arbeit abzusehen.

Für zukünftige forschende Generationen muss der Zugang zu der Arbeit auf jeden Fall erhalten bleiben. Schließlich haben nicht viele Dissertationen eine so große Wirkung erzielen können. Guttenberg darf also bleiben. Nicht im Amt, aber im Bibliotheksregal.

Ab heute keine Mahngebühren mehr in NRW?

Laut Eric Steinhauer ist die “Verordnung über die Erhebung von Gebühren im Bereich Information, Kommunikation, Medien nach § 30 Hochschulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen” (GebO-IKM NRW) vom 18. August 2005 (siehe z.B. hier (PDF)) ab 13. Januar 2010 außer Kraft gesetzt. Also heute!

Die Konsequenz daraus ist, dass bis zum rechtsgültigen Erlass hochschuleigener Gebührensatzungen an den Hochschulbibliotheken in Nordrhein-Westfalen derzeit KEINE Säumnisgebühren mehr erhoben werden dürfen.

Dem Fazit Steinhauers kann man nur beipflichten:

Eine handwerklich saubere Neuregelung des Rechts der Bibliotheksgebühren an den Hochschulen hätte eine Übergangsfrist vorsehen müssen. Einnahmen gerade aus Säumnisgebühren sind ein wichtiger Posten für die Erwerbungsetats in den Hochschulbibliotheken. Man wird auf sie nun bis zur Neuregelung des Gebührenrechts in den einzelnen Hochschulen verzichten müssen.

Starke Leseempfehlung für das gesamte Posting im Bibliotheksrecht-Blog!

3 Jahre Bibliotheksrecht

Eric Steinhauers Bibliotheksrecht.de feiert dreijähriges Jubiläum. Herzlichen Glückwunsch!

Wenn man drei Jahre lang ein Blog zum Bibliotheksrecht betreibt, ist es gut, sich die “Sinnfrage” zu stellen. Passen Form und Inhalt noch? Ich denke schon. Das “Zettelkasten”-Prinzip nimmt dem ganzen Unternehmen einen gewissen Aktualitätsdruck. Hier wird keine Nachrichtenbörse und kein Diskussionsforum zu aktuellen Fragen geboten, sondern eine Sammlung von Exzerpten und Ideen. Sie können, müssen aber nicht aktuell sein.

Vielleicht ist die Seite wirklich eher als Zettelkastel zu sehen, weniger als Blog. Schließlich ist die Kommentarfunktion nicht aktiviert, ähnlich wie beim Bildblog, dem der Blogcharakter schon verschiedentlich abgesprochen wurde.

Davon unbelastet bleibt das fachliche Verdienst. Steinhauer stellt auch zurecht die Frage, ob solch ein Engagement nicht hauptamtlich geführt werden sollte:

Und wenn man zwischen zwei Terminen in irgendeinem überfüllten ICE durch Deutschland rollt, stellt sich schon die Frage, ob das ganz bibliotheksrechtliche Unternehmen auf die Dauer so nebenbei zu erledigen ist. Diese Frage betrifft im Grunde alle aktiven Kollegen unter den Bibliotheksjuristen.

War es früher die punktuelle Expertise, die man gerne kollegial gegeben hat, sieht man sich nun in Groß-Gremien, Gesetzgebungsverfahren und erbitterte Lobbygefechte eingebunden. Es bleibt abzuwarten, wieweit das überkommene System der Bibliotheksjuristen mit Geschäftsgangsobliegenheiten in dem immer komplizierter werdenden Geschäft noch tragen wird.

Das betrifft nicht nur Bibliotheksjuristen, auch die bibliothekswissenschaftliche Forschung wird “nebenbei” ausgeübt. Das alles schreit nach einer Wiederbelebung des DBI. Aber das nur nebenbei…

Bibliotheksurteile.de

Eric W. Steinhauer macht in seinem Blog auf eine neue Seite zum Bibliotheksrecht aufmerksam: Bibliotheksurteile.de

Die Selbstbeschreibung des Projekts:

Im Rahmen des Seminars „Urheber- und Bibliotheksrecht“, unter der Leitung von Prof. Dr. Ulrike Verch, haben Studierende des Departments Information der HAW Hamburg den Internetauftritt “Bibliotheksurteile” erstellt. Die Homepage ist seit Mai 2008 online und umfasst deutsche Gerichtsurteile mit Bezug zum Bibliothekswesen.

Alle eingestellten Entscheidungen haben unmittelbaren Bezug zum Bibliothekswesen und sind u.a. nach Themen, Rechtsgebiet und Verkündungsdatum geordnet und werden durch kurze Abstracts und Stichwörter erschlossen.

Um nicht gegen das Urheberrecht zu verstoßen, haben wir vorgefundene Leitsätze vorsichtshalber weggelassen, sofern keine Indizien vorlagen, dass die Leitsätze amtlich verfasst sind. Im übrigen sind alle Entscheidungen gemäß § 5 UrhG nicht urheberrechtlich geschützt. Deshalb dürfen die Urteile, aber auch gerne die im Rahmen dieses Projektes verfassten Abstracts und Stichwörter von jedermann weiter verwendet werden.

Die Nutzung von WordPress als CMS lässt übrigens verschiedene zahlreiche Zugangsmöglichkeiten zu, wie die Sortierung der Beiträge nach Tags (z.B. “Benutzungsordnung”) oder das Abonnieren von neuen Einträgen als RSS-Feed.

Spannend bleibt, ob und wie die Sammlung weiter geführt wird. Die Pflege eines solchen Angebots ist schließlich viel aufwendiger als die Einrichtung. Und auch nur begrenzt für studentische Projekte geeignet.

Kleines Manko des Angebots: Die Texte sind nicht unter CC lizensiert.

2 Jahre Blog zum Bibliotheksrecht / Skriptorium

Eric Steinhauers Blog Bibliotheksrecht ist zwei Jahre alt geworden. Hier geht es zum Jubiläumsposting. Herzlichen Glückwunsch! Er hat mit seiner Seite ein hervorragendes Angebot geschaffen, dessen einziger Wermutstropfen in der abgeschalteten Kommentarfunktion liegt.

Dies ist leider auch der Fall bei dem neuen Blog Skriptorium, dass Herr Steinhauer zeitgleich präsentiert. Der Untertitel lautet Wissenschaftliches Publizieren und Bibliotheken : ein Zettelkasten, und der Betreiber beschreibt das neue Blog folgendermaßen:

Dieses Blog wird sich mit dem Thema Wissenschaftliches Publizieren und Bibliotheken beschäftigen. Ausgehend von der Tatsache, dass insbesondere die Hochschulbibliotheken durchgängig eigene Schriftenserver bzw. Repositorien betreiben, soll in diesem Blog über das Verhältnis von Bibliothek und wissenschaftlichem Publizieren nachgedacht, berichtet und spekuliert werden.

Einen besonderen Schwerpunkt werden dabei die Chancen, aber auch die Probleme des elektronischen Publizierens für die Verbreitung wissenschaftlicher Beiträge bilden. Durch meinen persönlichen Hintergrund werden vor allem die buchaffinen Disziplinen der Geistes- und Sozialwissenschaften behandelt.

Viel Erfolg auch mit diesem Blog, und vielleicht probieren Sie es ja auch mal mit der Kommentarfunktion? ;o)