Digita Vaticana

Die Vatikanbibliothek ist voller historischer Schätze. Tausende alter Handschriften sollen digitalisiert und online gestellt werden. Überraschende Kleinode könnten gehoben werden. Es ist eine Jahrhundertaufgabe.

Mehr bei Heise.de und natürlich auf DigitalVaticana.org. Auf den ersten Blick sehe ich:

  • Schutzrechtsberühmung (oder ist es im Vatikanstaat rechtmäßig, das Urheberrecht für jahrhundertealte Werke zu reklamieren?)
  • JPG-Download
  • kein Download des Gesamtwerks
  • keine Möglichkeit, auf einzelne Seiten zu verlinken

Ob die angebotene Auflösung reicht, kann ich nicht beurteilen. Als Laie würde ich sagen, dass da noch Luft nach oben wäre. Mehr zu DigitaVaticana bei Archivalia.

Dafür aber bibliographische Angaben zur das jeweilige Manuskript behandelnder Literatur. Beispiel:
http://digi.vatlib.it/view/MSS_Vat.lat.3773
http://digi.vatlib.it/mss/detail/Vat.lat.3773

Dass um Spenden für die Digitalisierung geboten wird, empfinde ich als recht belustigend.

Nur gucken, nicht anfassen: Kulturerbe Niedersachsen

Wie der NDR berichtet, ist das Portal Kulturerbe Niedersachsen nun eröffnet:

Das Land Niedersachsen ist um ein virtuelles Museum reicher: Im Internet-Portal “Kulturerbe Niedersachsen” sind nun bedeutende Kulturschätze des Landes für jedermann kostenlos zu besichtigen. Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) hat den offiziellen Startschuss für die Website am Dienstag gegeben.

Museum heißt hier, dass man sich bunte Bilder innerhalb des Portals ansehen kann. Bei vielen Werken (zum Beispiel hier)ist folgender Hinweis zu finden: Dieses Exponat kann nur nach vorheriger Rücksprache zur Verfügung gestellt werden.

Was bedeutet das? Ich finde keinen Unterschied zu Werken, bei denen dieser Hinweis nicht zu finden ist. Zum Beispiel bei diesem Gemälde von Jacob Philipp Hackert. Keine Downloadmöglichkeit, Rechtsklick funktioniert jedoch. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Beschränkung auf das Original bezieht.

In den Nutzungsbedingungen heißt es übrigens: Die Inhalte des Onlineportals “Kulturerbe Niedersachsen” sind urheberrechtlich geschützt.”

Das ist dringend zu ändern. Einige Objekte sind sicherlich urheberrechtlich geschützt. Wenn man sich aber die Verteilung der Objekte auf die Jahrhunderte anschaut, merkt man sehr schnell, dass dies für den Großteil der Objekte nicht zutrifft (in Klammern steht die Zahl der Objekte aus dem jeweiligen Jahrhundert):

21. Jhd. (2)
20. Jhd. (762)
19. Jhd. (2565)
18. Jhd. (4666)
17. Jhd. (3410)
16. Jhd. (959)
15. Jhd. (87)
14. Jhd. (19)

Ohne jetzt einzelne Schutzfristen zu prüfen: Von 12470 Objekten kann man bei der Mehrheit davon ausgehen, dass sie nicht mehr urheberrechtlich geschützt sind. Da das Portal und auch die Digitalisierungen mit öffentlichen Mitteln finanziert wurden und die Werke nicht urheberrechtlich geschützt sind, ist hier (übrigens auch im Sinne der Verbreitung des niedersächsischen Kulturerbes) dringend geboten,

a) die Nutzungsbedingungen anzupassen und
b) eine Downloadmöglichkeit zu schaffen, am Besten für einzelne Objekte und auch für die Sammlung als Ganzes.

Tipp für die Projektbeteiligten: Wenden Sie sich an Open GLAM. Mathias Schindler (Wikimedia) hat auf dem Open-GLAM-Workshop (hierzublog schon einmal erwähnt) einen Vortrag gehalten, in dem er Empfehlungen für GLAMs (Galleries, Libraries, Archives and Museums) gibt.

Seiner Aussage auf der 19 13. Folie kann ich mich nur anschließen: “Betreiben Sie bitte kein Copyfraud“!

Fünf Jahre offizielle Open-Access-Heuchelei im deutschen Bibliothekswesen

“Heute vor fünf Jahren…” sollte dieser Artikel eigentlich anfangen. Nun ist es ein paar Tage später, doch der geneigte Leser ignoriere das bitte.

Also, genau heute vor fünf Jahren, am 12. August 2006, hat Klaus Graf in Archivalia ein Posting veröffentlicht mit dem zum geflügelten Wort avancierten Titel “Die Open-Access-Heuchelei der Bibliotheken”. Darin kritisiert er sieben Punkte:

(1) Bibliothekarische Fachzeitschriften sind nur zum kleinen Teil Open Access!
Kaum Änderung im deutschsprachigen Bereich. Bis auf Libreas ist da eigentlich nichts. Peinlich.

(2) Bibliothekarische Fachliteratur ist kaum OA!
Hier ist Verbesserung zu spüren, zum Beispiel mit dem Handbuch Bibliothek 2.0.

(3) Bibliotheken beliefern kostenpflichtige bibliographische Datenbanken!
Gilt weiter. Wenn es eine nicht-exklusive Lieferung ist, die Daten also jedem zur Verfügung stünden, wäre das übrigens auch nicht weiter zu beanstanden.

(4) Bibliotheken treten als Mitglieder von Digizeitschriften e.V. die Interessen von Bildung und Wissenschaft mit Füßen!
Gilt weiter.

(5) Bibliotheken denken nicht daran, “permission barriers” einzureissen!
Gilt generell nicht mehr. CC-Lizenzen sind inzwischen vielerorts im Einsatz.

(6) Sogar OAI-Metadaten werden nicht OA freigegeben!
Die Diskussion ist faktisch beendet, alle Argumente ausgetauscht. Der Trend geht zu CC0. Da wird in sehr kurzer Zeit sehr viel passieren.

(7) Die Bibliotheken betreiben in großem Stil Bildrechte-Tyrannei und Copyfraud!
Gilt weiter.

Fazit: Es sind Fortschritte zu erkennen. Insgesamt ist es jedoch ernüchternd, wie wenig sich in fünf Jahren bewegt hat. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, können wir eine offene Fachkommunikation im Bibliothekswesen für ca. 2025 prognostizieren.

Jahrhunderte währendes Copyright?


In TechDirt
erklärt Rose M. Welch einen kuriosen Fall von Copyrightsverletzungsangst. Sie wollte verschiedene Buchmalereien aus dem Zeitraum 600 bis 900 n. Chr. in einer Publikation abbilden. Eine Druckerei verweigerte dies mit Hinweis auf eventuell verletzte Copyrights.

The documents in question feature anywhere from one to six pieces from various illuminated manuscripts on each sheet, including some bits from the famous Book of Kells. The largest image is comprised of a full scan of the original manuscript, but printed in less than half of the size of the original piece (something like 6″ x 8″) and the smallest are six 2.5″ x 2.5″ chunks showing specific detailing from five different manuscripts on a single page.

These manuscripts were created between 600 and 900 A.D. and are firmly in the public domain. Even if they were not, printing pages and cutout bits from pages for an educational paper almost certainly constitutes fair use, which the printer had never heard of.

Seriously. No joke. What is the world coming to?”

Das Book of Kells ist zur Zeit nicht urheberrechtlich geschützt. Kann man rückwirkend aber bestimmt noch machen. Vielleicht ja sogar für Veröffentlichungen, die noch weit länger zurückliegen.

7 Grundregeln für digitale Projekte

Klaus Graf schlägt “7 Grundregeln für digitale Projekte” vor:

Für digitale Sammlungen von Archiven, Bibliotheken, Museen usw. und virtuelle Ausstellungen sind die folgenden Grundregeln gedacht, die ich zur Diskussion stelle.

1. NICHT AN DER AUFLÖSUNG SPAREN! Jede Bildseite muss in hoher Auflösung vorliegen, denn nur diese garantiert die wissenschaftliche Nutzbarkeit.

2. PERMANENT-LINKS! Jede einzelne Bildseite muss mit einem deutlich angebrachten KURZEN dauerhaften Link versehen werden.

3. META-DATEN ZU JEDEM DIGITALEN OBJEKT! Zu jedem digitalen Objekt (auch zu separat nutzbaren Einzelseiten wie Druckgrafik, Zeichnungen) muss es entsprechende Metadaten geben, die professionellen Ansprüchen genügen müssen.

4. OAI-PMH NUTZEN! Alle Meta-Daten müssen für OAI-Harvester zur Verfügung stehen.

5. KEIN COPYFRAUD! Die Rechtslage ist in den Metadaten möglichst objektiv und auf jeden Fall ohne Copyfraud zu beschreiben. Was gemeinfrei ist, muss auch als Digitalisat gemeinfrei bleiben! Wenn das Projekt über Urheberrechte verfügt, ist eine Nachnutzbarkeit über eine möglichst liberale CC-Lizenz vorzusehen.

6. WEB 2.0! Nutzer sollten die Möglichkeit haben, Ergänzungen und Korrekturen anzubringen (Tags, Transkriptionen usw.)

7. LANGZEITARCHIVIERUNG! Die dauerhafte öffentliche Verfügbarkeit ist ggf. durch Kooperation mit Bibliotheken sicherzustellen.

Hier geht’s zum Posting und zur Diskussion.

Empfehlungen zur Bereitstellung gemeinfreier Inhalte

Von Adrian Pohl:

Rechtliche Grundlagen und Empfehlungen zur Digitalisierung gemeinfreier Werke und ihrer Bereitstellung im Internet. Ein Vortrag vor Bibliothekar/innen im Rahmen des scantoweb-Workshops am 27. April im Hochschulbibliothekszentrum Nordrhein-Westfalen.

Die wichtigsten Punkte kurz und knackig in den Folien zu den Praxisempfehlungen:

  1. Volltextdownload ermöglichen
  2. Copyfraud unterlassen
  3. Nutzungsbedingungen angeben
  4. Die Public Domain stärken

Wer dies befolgt, macht schon einmal sehr viel richtig.

Copyfraud (auch “Schutzrechtsberühmung”) laut Wikipedia:

Der US-Jurist Jason Mazzone hat die vielfältigen Versuche, gemeinfreie Werke als dem Copyright unterliegend auszugeben, als Copyfraud bezeichnet und gefordert, das Ungleichgewicht bei der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen einerseits und unzulässiger Schutzrechtsberühmung andererseits zu beseitigen.

Als Beispiel für Copyfraud im Bereich der Bildrechte kann etwa der Stempel auf einer Fotokopie eines gemeinfreien Archivales angesehen werden, der das Copyright (korrekt wäre im deutschsprachigen Bereich: das Urheberrecht) dem Archiv zuspricht. Das Archiv hat offensichtlich weder ein Immaterialgüterrecht an dem nicht mehr geschützten Dokument noch ein Leistungsschutzrecht gemäß § 72 UrhG, denn beim Fotokopieren entsteht – darin sind sich alle juristischen Kommentare einig – kein geschütztes Lichtbild.

Dazu in Archivalia:

Copyfraud liegt übrigens auch dann vor, wenn man Medien unter eine Creative Commons Lizenz stellt, die in Wirklichkeit gemeinfrei sind.

Eine Frage an die werte Leserschaft: Wurde dies schon mal gerichtlich durchgefochten? Hat schon jemand z.B. ein von einer Bibliothek eingescanntes und widerrechtlich mit einer Lizenz versehenes Werk kommerziell genutzt, die Schutzrechtsberühmer darauf aufmerksam gemacht und erfolgreich auf die Klage der Bibliothek gewartet?

Geschäftstüchtige British Library

Vorgeschichte: Vor einiger Zeit haben zwei Infobiber einen Artikel zur Vermittlung von Informationskompetenz veröffentlicht, der nach einer gewissen Frist vom Verlag für Open-Access-Repositorien freigegeben wurde. Dies haben wir dann auch gerne wahrgenommen. Nun ist es so, dass damit für Dritte der Weg frei ist, um mit einem solchen Artikel den einen oder anderen Euro zu verdienen. Wie z.B. bei Emerald (GBP £13.00 plus handling charge of GBP £1.50 and VAT where applicable), bei Amazon (erfreulich günstig für nur $5,95) oder aber in der Premiumversion bei Research & Markets für sensationelle 34 Euro!

Nun ja, das kann man mehr oder weniger gut finden, vielleicht sogar unverschämt. Aber es ist alles rechtens, kein Einspruch möglich oder angebracht. Was ich jedoch ein wenig schräg finde, ist das Angebot der British Library, den Artikel via British Library Direct gegen Entgelt zu beziehen:

To buy the full text of this article you pay: £5.00 copyright fee + service charge (from £7.65) + VAT, if applicable

Copyright fee? Aha!

Fazit: Sollte jemand nach Publikationen suchen, ist British Library Direct für die Recherche vielleicht geeignet. Hat man das Gesuchte jedoch gefunden, sollte man lieber nochmal gegenprüfen (z.B. via BASE oder OAIster), ob man das Gewünschte nicht auch kostenfrei bekommen kann.

Digitale Sammlung der Humboldt-Universität

Die Berliner Humboldt-Universität macht ab heute einen Teil ihrer Sammlung online zugänglich. Zu den Nutzungsbedingungen heißt es im Impressum:

Die auf dieser Website veröffentlichten Inhalte und Werke sind urheberrechtlich geschützt. Jede vom Urheberrecht nicht zugelassene Nutzung bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des jeweiligen Autors bzw. Urhebers. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Bearbeitung, Übersetzung, Einspeicherung, Verarbeitung bzw. Wiedergabe von Inhalten in Datenbanken oder anderen elektronischen Medien und Systemen. Die unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe einzelner Inhalte und kompletter Seiten ist nicht gestattet und strafbar.

Ist es wirklich strafbar, diese Abbildung einer Urkunde des Herzog Rudolph IV von Österreich aus dem Jahre 1362 zu vervielfältigen?

[via Heise]