Debatte über CIB

Adrian Pohl analysiert in seinem Blog den genehmigten DFG-Antrag “Cloudbasierte Infrastruktur für Bibliotheksdaten (CIB)” (PDF). Er selbst war am Konkurrenzantrag libOS beteiligt. Seiner Meinung nach wird eine Kernanforderung der DFG-Ausschreibung durch CIB nicht erfüllt:

Wie will der Antrag denn nun die in der DFG-Ausschreibung geforderte “Integration der nationalen Erschließungsdaten zur Schaffung einer funktional einheitlichen Katalogisierungs- und Datenplattform” umsetzen? – Gar nicht. Die Antragsteller interessieren sich augenscheinlich in erster Linie für ihre eigenen Kunden. Mir scheint als sei der primäre Zweck des Antrags, die Migration der BVB-, KOBV- und HeBIS-Verbundbibliotheken in die OCLC-/Ex-Libris-Cloud zu finanzieren.

Darüber hinaus bemängelt er die fehlende (plausible) Exit-Strategie. Bei einem Bibcamp vor einigen Jahren war genau dies ein Streitpunkt in einer Session zur “Bibliothek in der Cloud” (o.ä.): Was passiert, wenn der Cloudanbieter nicht macht, was die Kunden wollen?

Die Auslagerung kritischer Infrastrukturen an externe Dienstleister kann funktionieren, kann unter Umständen sogar sinnvoll sein. Dafür sind aber viele Kriterien zu erfüllen. Ein maßgebliches Kriterium ist für mich die Rückführbarkeit der Infrastruktur in die eigene Hand. Dazu gehören verschiedene Komponenten.

Ein einfaches Beispiel für die gut funktionierende Auslagerung an einen Dienstleister ist ein WordPress-Blog. Dies kann man bei WordPress.com hosten lassen. Verwendet man eine eigene Domain dafür, kann man mit ein wenig Knowhow (das man in diesem Fall selbst erwerben oder einkaufen kann) ein dank Open Source technisch identisches Blog auf eigenem Server hosten, die Adresse weiterverwenden und alle Daten von WordPress.com ins eigene Blog importieren.

Werden OCLC und Ex Libris dies gewährleisten? Wird den Bibliotheken die Möglichkeit gegeben, die Software so kennenzulernen, dass sie selbst damit arbeiten könnten, wenn sie denn frei verfügbar wäre?

Adrian schreibt:

Ich denke, das Thema verlangt ein bisschen mehr Aufmerksamkeit in der Fachwelt als ihm bisher zugekommen ist, weil es sich eben nicht um eine der üblichen DFG-Ausschreibungen handelt, sondern um den erklärten Versuch, “einen umfassenden Umstrukturierungsprozess mit anzustoßen und zu unterstützen”, der eine grundlegende Veränderung der Informationsinfrastruktur in Deutschland mit sich bringen kann.

Wie auch immer man zum konkreten Vorhaben steht, dieser Aussage ist auf jeden Fall zuzustimmen.

(Auch in Österreich:) Permalinks für Katalogisate

Der Österreichische Bibliothekenverbund (OBV) bietet ab sofort eine neue Suchoberfläche an.

Positiv: Verschiedene Social-Bookmarking-Dienste sind integriert.
Negativ: Naja, so richtig integriert sind sie eigentlich doch nicht.

Ich habe versucht, Titel in Delicious zu übernehmen (vorübergehend verfügbar unter dem Tag OBV-Test, ich lösche sie aber sicherlich irgendwann wieder). Wenn mir die Funktion angeboten wird, einen Titel in Delicious zu speichern, gehe ich davon aus, dass sich die Anbieter vorher angesehen haben, wie entsprechende Metadaten zu übergeben sind. Dies war hier offensichtlich nicht der Fall.

Speichert man einen Titel, lautet der Seitentitel im Normalfall “OBV Suche”. Weitere Angaben werden nicht übergeben. Speichert man also 30 Titel, wird man sie anschließend nicht auseinanderhalten können, ohne sie einzeln anzuklicken.

Ähnlich untauglich ist der Link, der an Delicious übergeben wird. Ich habe zwei Titel gebookmarked. Klickt man sie an, wird man feststellen, dass man beim gleichen Katalogisat landet. Gespeichert wird nämlich nicht ein präziser und permanenter Link, sondern die Suchanfrage. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Delicious-User sowohl den selben Titel als auch den selben Suchweg speichern, tendiert bei Literatur abseits von Harry Potter & Co vermutlich gen Null. Die sozialen Funktionen von Delicious werden somit raffiniert umgangen.

Man kann es nicht oft genug wiederholen:

  1. Katalogisate brauchen Permalinks!
  2. Katalogisate brauchen Permalinks!
  3. Katalogisate brauchen Permalinks!

Bei Uraltkatalogen habe ich ja noch begrenztes Verständnis dafür, dass sie sich nicht ohne weiteres nachrüsten lassen. Bei einer Oberfläche, die vom Anbieter angepriesen wird für ihre Library 2.0 und Social Computing Eigenschaften, kann ich es aber nicht aufbringen.

Verde – Schnittstelle zwischen ERM und EZB

ExLibris hat einen RSS-Feed. Dort kann man lesen, dass ExLibris von Leeds Equity gekauft wurde. Zweifellos eine wichtige Nachricht. Für deutsche ExLibris-Kunden zumindest kurz- und mittelfristig weitaus interessantere Nachrichten kann man dort leider nicht erfahren. Dazu muss man schon verschiedene Google-Alerts bemühen [1] seitdem dieser Text angefangen wurde, ist mit Inetbib-K ein Angebot an den Start gegangen, dass diesen Mißstand zu beheben versucht. Siehe auch hier. , die z.B. diese Pressemitteilung ans Tageslicht befördert:

Die Ex Libris (Deutschland) GmbH hat in Kooperation mit der EZB (Elektronische Zeitschriftenbibliothek) in Regensburg eine Schnittstelle zwischen der Electronic Resource Management (ERM) Lösung Verde und der EZB entwickelt. Durch diese Schnittstelle entfällt die bisher erforderliche, doppelte Pflege von elektronischen Zeitschriften in Verde und parallel in der EZB. Die Daten werden jetzt nur noch in Verde gepflegt und dann über ein automatisches Update an die Bestände der EZB geliefert.

„Mit dieser neuen Funktionalität bietet Ex Libris seinen Verde-Kunden einen wichtigen Produktivitätsgewinn und untermauert seine Position als führender Anbieter von ERM Lösungen für Bibliotheken und Forschungsinstitutionen“, erklärt Ullrich Jüngling, Sales und Marketing Direktor der Ex Libris (Deutschland) GmbH.

Nähere Informationen gibt es hier. Wie ExLibris auf Anfrage mitteilte, ist Verde in Deutschland schon an der FU Berlin und an der Jacobs University in Bremen im Einsatz. Auf die Frage, ob man Verde auch mit Nicht-Ex-Libris-Produkten verwenden kann, wurde mir mitgeteilt:

Für die Einbindung zu Nicht Ex Libris-Systemen stellt Ex Libris Verde-Kunden ein Dokument zur Verfügung, welches beschreibt, wie Deeplinks nach Verde generiert werden können, bzw. wie auch die Kommunikation mit den vorhandenen SOAP Services genutzt werden kann. Somit ist die gezielte Abfrage z.B. von Lizenzinformationen möglich, und kann systemunabhängig implementiert werden.

Es wurde in diesem Zusammenhang auf ExLibris Open-Platform-Strategie verwiesen, die eine generelle Öffnung der Produkte auch für Fremdanbieter vorsieht.

ExLibris begeht anscheinend nicht den Fehler, Offenheit nur technisch zu verstehen. Es wurde (oder wird?) eine Plattform geschaffen, auf der auch Ideen Externer in die Entwicklung an ExLibris-Produkten einfließen können. Es gehe um:

  1. Die Prozesse zu formalisieren, mit denen wir unsere Schnittstellen entwerfen, implementieren, dokumentieren und veröffentlichen, um eine Kontinuität bei allen Produkten zu erhalten und ein umfassendes Angebot zu erzielen.
  2. Verstärkung unserer Betonung von Prinzipien der serviceorientierten Architektur (SOA) in unseren zukünftigen Produktdesigns. Dabei möchten wir sicherstellen, dass unsere Lösungen Services als Kernbausteine für Applikationen zur Verfügung stellen, die von uns oder anderen Unternehmen entwickelt werden.
  3. Eine Platform bieten, die als Mittelpunkt für Zusammenarbeit dient und als solcher die Initiativen von Institutionen und Communities aktiv fördert und erleichtert, unsere Produkte zu verbessern oder sie auf eine Weise zu nutzen, die wir nicht vorhergesehen haben.

Klingt vielversprechend.

References

References
1 seitdem dieser Text angefangen wurde, ist mit Inetbib-K ein Angebot an den Start gegangen, dass diesen Mißstand zu beheben versucht. Siehe auch hier.

Neuer Google-Bot auch für Kataloge?

Die neue Version des Google-Bots nutzt nun auch HTML-Forms, um auf bislang verborgene Inhalte zuzugreifen. Im Google-Webmaster-Blog wird das so beschrieben:

In the past few months we have been exploring some HTML forms to try to discover new web pages and URLs that we otherwise couldn’t find and index for users who search on Google. Specifically, when we encounter a

element on a high-quality site, we might choose to do a small number of queries using the form. For text boxes, our computers automatically choose words from the site that has the form; for select menus, check boxes, and radio buttons on the form, we choose from among the values of the HTML. Having chosen the values for each input, we generate and then try to crawl URLs that correspond to a possible query a user may have made. If we ascertain that the web page resulting from our query is valid, interesting, and includes content not in our index, we may include it in our index much as we would include any other web page.

Ein kleiner Blick: Die PICA-Kataloge nutzen das Form-Element, Aleph ebenso. Andere Systeme habe ich jetzt nicht geprüft, aber für die Mehrheit ist anzunehmen: Die Google-Bots werden in Kürze für eine drastische Erhöhung des Traffics sorgen. Zumal andere Suchmaschinen sicherlich nachziehen werden. Allerdings:

Only a small number of particularly useful sites receive this treatment, and our crawl agent, the ever-friendly Googlebot, always adheres to robots.txt, nofollow, and noindex directives.

Die Bibliotheken sollten also endlich für permanente URLs in ihren Katalogen sorgen. Damit wird der Kataloginhalt wirklich nutzbar und auch durch Suchmaschinen zugänglich gemacht.

Inetbib 2008: Firmenvorträge

Firmenvorträge

Petra Hauschke, Dokumentarin bei Glomas Deutschland und Trägerin eines auffallend wohlklingenden Nachnamens: „Integration von Document Delivery Services in ein Bibliothekssystem“

  • Einbindung von Onlinedokumenten via DOI, Möglichkeit, verschiedene Anbieter zu integrieren (auch Zeitschriftenabonnements etc.)
  • Bestellstatus verfolgbar, Bereitstellung der Dokumente in verschiedenen Formen (z.B. Email?).
  • Zusätzliche Dienste: Scans durchsuchbar machen, automatische Konvertierung in verschiedene Formate, Volltextsuche
  • Es gibt die Möglichkeit, Experten „ausrechnen“ zu lassen.
  • Mehrsprachiger Thesaurus mit vielfältigen Visualisierungsmöglichkeiten

Magnus Pfeffer (UB Mannheim) und Timm-Martin Siewert (Ex Libris) über Primo:

  • Integration verschiedener Datensammlungen (Repository, Katalog etc.) in eine einzige Anlaufstelle
  • Komfort für den Nutzer
  • Einbindung von 2.0-Tools (Blogs, Nutzerrezensionen, Tagging)
  • „Primo normalized XML“ als einheitliches Datenformat. Primo soll die „Datensilos öffnen“.