Christina Möller über die sozial homogene Professorenschaft

In der nicht als Open-Access-Version verfügbaren und somit dem Nachwuchs aus vielen nicht-akademischen Familien nicht zugänglichen Werk Herkunft zählt (fast) immer : Soziale Ungleichheiten unter Universitätsprofessorinnen und -professoren widmet sich Christina Möller der homogenen Zusammensetzung der Professorenschaft. In einem Telepolis-Interview sind einige Punkte angerissen:

Wir leben zwar in einer meritokratischen Gesellschaft (“Leistungsgesellschaft”), in der das Ideal herrscht, dass jeder mit eigener Anstrengung unabhängig von sozialen Dimensionen wie Herkunft oder Geschlecht hohe Bildungsabschlüsse und hohe gesellschaftliche Positionen erreichen kann. Faktisch aber zeigt sich, dass die soziale Herkunft schon in frühem Alter bestimmte Laufbahnen wahrscheinlich oder unwahrscheinlich macht.

Dies hängt viel mit dem Anregungspotential und den habituellen Prägungen im Elternhaus zusammen und die damit zusammenhängende Nähe oder Distanz zu hoher Bildung, aber auch mit systematischen Diskriminierungen im Bildungssystem. Es gibt genügend empirische Studien, die belegen, dass etwa Arbeiter- und Migrantenkinder bei gleichen Noten sehr viel seltener eine Gymnasialempfehlung erhalten als Kinder aus einem sozioökonomisch privilegierteren Elternhaus. Soziale Selektionen ziehen sich praktisch durch alle Übergangsstellen einschließlich beim Übergang zur Promotion, die die weitaus selektivste Bildungsstufe ist.

Das ist nicht neu, aber leider immer noch aktuell.

Warum Angabe persönlicher Daten in der EU-Konsultation zu "scientific information in the digital age"?

Zügig kam die ausführliche Antwort auf meine Anfrage, warum man bei der Teilnahme an der EU-Umfrage zum Zugang zu Wissenschaftspublikationen verschiedene persönliche Angaben machen muss:

We are asking respondents to give their names and affiliations for the following reasons:

– to be able to compile a list of respondents (without e-mail addresses, just names and affiliations), which will be published in accordance with the European Commission’s commitment to transparency in its public consultations. This is standard for EC public consultations as they address areas that are of public interest.

– to encourage only genuine responses (sometimes anonymous replies are not genuine, and are therefore hard to evaluate/take into account).

Please note that, if individuals feel that they cannot respond “on behalf of an organisation”, they can of course still answer “as a citizen”.

Respondents who wish to remain anonymous have the possibility of doing so “on the grounds that such publication would harm his or her legitimate interests”, as you can read in the “Specific privacy statement” (http://ec.europa.eu/research/consultations/scientific_information/privacy_statement.pdf):

(Excerpt):
3. WHO HAS ACCESS TO YOUR INFORMATION AND TO WHOM IS IT DISCLOSED?
A synthesis of the contributions received via the online questionnaire, as well as any individual contributions, together with the identity of the contributor and his or her organisation/affiliation, will be published on the Internet, unless the contributor objects to publication of the personal data on the grounds that such publication would harm his or her legitimate interests. In this case the contribution may be published in anonymous form. Otherwise the contribution will not be published nor will, in principle, its content be taken into account. Any objections concerning publication of personal data should be sent to the service responsible for the consultation (see Contact information below).

Dieser Erläuterung folgte noch die Hoffnung, dass möglichst viele teilnehmen mögen, da die Stimmen der Bibliothekare und Wissenschaftler für die Konsultation von ausschlaggebend sind. Wer sich nun berufen fühlt, möge auf folgenden Link klicken: Consultation on scientific information in the digital age.

Befragungen zu Urheberrecht und offenen Zugang zu wissenschaftlichen Informationen

Zwei (interessante) Aufrufe zur Teilnahme an Umfragen erreichten mich in den letzten Tagen. Einerseits eine Umfrage von IUWIS: Was erwarten Sie in Ihrer Arbeit in Bildung und Wissenschaft von den Regelungen im Urheberrecht?

In wenigen Minuten soll man seine Erwartungen an ein bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht ausdrücken. Das ist sinnvoll, ging schnell, war gut formuliert.

Ob eine andere Umfrage sinnvoll, schnell durchführbar und gut formuliert ist, weiß ich leider nicht. Die EU-Umfrage zum Zugang zu Wissenschaftspublikationen weist direkt darauf hin, dass es sich um eine Konsultation handelt und die Ergebnisse nicht-anonymisiert veröffentlicht werden.

Contributions are particularly sought from governments, research institutions and universities, libraries, scientific publishers, research funding organisations, businesses, individual researchers and other interested parties.

Das sich viele indivual researchers darauf einlassen, kann ich mir nicht vorstellen. Wer dennoch teilnehmen möchte: Consultation on scientific information in the digital age.

Diskussion über Schulbibliotheken in Potsdam und Südafrika

Nur 7% der 28.000 südafrikanischen Schulen hat eine funktionierende Schulbibliothek. Die dortige Debatte erinnert sehr an die hiesige.

Mr Alan Thomson of the National Teachers Union (Natu) stressed that school libraries will never get of the ground or function effectively if the onus rests on teachers to manage it. Various librarians have shown that to manage a library, is a full time vocation. He suggests that the Department must investigate that possibility to bring these posts back to schools.

Über die Förderung von “Substandard-Bibliotheken” wird auch in Potsdam gestritten.

Glaubwürdigkeit von Blogs & Co

In einer Presseerklärung wies das NRW-Ministerium für “Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz” auf die Tagung Mausklick mit Durchblick (PDF) hin. In der Ankündigung kommentiert der dazugehörige Minister Eckhard Uhlenberg, dass angeblich 20% aller Jugendlichen glauben, alle Informationen im Internet wären auf ihre Richtigkeit hin geprüft werden:

„Diese Zahl ist ein Beleg dafür, dass wir die Nutzer des Internets besser über die versteckten Gefahren des Web 2.0 aufklären und die Medienkompetenz vor allem bei Jugendlichen erhöhen müssen. Denn fast alle Informationen die in sozialen Netzwerken, Verbraucherportalen oder Blogs verbreitet werden, sind ungefiltert und ungeprüft“

Dies muss man nicht auf Informationen aus Blogs & Co einzuschränken. Auch in Zeitungen findet man Tag für Tag Falschmeldungen und Fehlinformationen. Und auch Uhlenbergs eigener Umgang mit Informationen wurde schon vor Gericht angezweifelt. Sind “geschönte” Informationen nur verwerflich, wenn sie in Blogs zu finden sind? Die Förderung von Medienkompetenz auch und gerade bei Jugendlichen ist enorm wichtig. Dies jedoch auf das Web 2.0 zu begrenzen ist hanebüchen, das sollte doch bitte umfassender angegangen werden.

PS: Kann jemand von der Veranstaltung berichten?

Antworten auf die Fragen der Hochschulrektorenkonferenz an ein paar Parteien zu Open Access

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) befragte ein paar Parteien unter anderem zu Open Access. Ich wiederum befragte daraufhin die HRK, da ich über die (höchst lobenswerte) Initiative der HRK berichten wollte. Ich erhielt zwar die Rückfrage, wer denn “Träger” von Infobib ist, aber keine Antworten auf unter anderem folgende Fragen, die ich nun zum Teil selbst beantworten kann.

1. Werden Sie die Antworten veröffentlichen? Falls ja, wo?

Ja. Hier.

2. Wurde eine Frist gesetzt, bis zu der die Fragen beantwortet werden müssen?

Im Quelltext der Seite ist das DC.Date “13.09.2009 22:51:30” angegeben. Also lief die Frist, wenn es denn eine gab, vermutlich vorher ab.

3. Um welche Parteien handelt es sich im Einzelnen?

Antworten sind nur von CDU und CSU (leider gemeinsam, obwohl da vielleicht interessante Unterschiede auszumachen wären), SPD, FDP, Grüne und Linke zu finden. Ob andere Parteien befragt wurden, ist nicht auszumachen.

Genug des Vorgeplänkels. Kommen wir nun zu direkt der für viele BibliothekarInnen vermutlich interessantesten Frage:

Unterstützt Ihre Partei die open-access-Strategie der Allianz im Wissenschaftsbereich und beabsichtigt sie den 3. Korb der Urheberrechts-Novelle in der nächsten Legislaturperiode umzusetzen?

CDU/CSU unterstützen die Ziele der Allianz und lässt Open Access dabei eine wichtige Rolle zu kommen. Die SPD sieht urheberrechtlichen Reformbedarf:

Bei der Prüfung eines dritten Korbes zur Novellierung des Urheberrechtes ist insbesondere zu berücksichtigen, wie das Prinzip eines freien und für die Nutzer im Regelfall kostenlosen Zugangs zu mit öffentlichen Mitteln produziertem Wissen (Open Access) auch in Deutschland festgeschrieben werden kann. Damit könnte die Chance eröffnet werden, dass auf der Grundlage des Open-Access-Prinzips innovative, attraktive und elektronischen Umgebungen und angemessene Organisations- und Geschäftsmodelle für Publikation und Distribution von Wissen entstehen, die auch Verlagen und der gesamten Informationswirtschaft neue Möglichkeiten zur Erschließung von Publikations- und Distributionsmärkten bieten.

Die FDP unterstützt Open Access ebenfalls. Und zwar ausdrücklich als ein Alternative zur herkömmlichen Publikation im Wissenschaftsbereich. Forderungen nach einer Beschränkung urheberrechtlicher Nutzungsrechte durch gesetzliche Eingriffe in das Urheberrecht der Autoren sieht die FDP allerdings kritisch. Dennoch macht sie sich eine für konsequente Weiterentwicklung des Urheberrechts auf nationaler wie auf europäischer Ebene stark.

Die Linke möchte einerseits eine Novelle des Urheberrechts mit dem Ziel, Open-Access-Veröffentlichungen zu vereinfachen. Sie möchte Total-Buyout-Verträge und Exklusivabtretungen begrenzen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Verhandlungen mit Verlagen stärken. Letztere sollen auf ihre eigentliche Rolle als Dienstleister orientiert werden. Die Linke setzt allerdings nicht nur auf juristische Handhabe:

Um die weitere Verbreitung von Open Access zu stärken, muss allerdings neben Veränderungen im Urheberrecht auch die Akzeptanz in der Scientific Community gesteigert werden.

Die Grünen wollen eine grundlegende Urheberrechtsreform, Flickschustereien wie in der Vergangenheit seien zu vermeiden.

Wir drängen in eine Richtung, die zuvorderst BürgerInnen, KünstlerInnen, ForscherInnen, Schulen und Universitäten nützt, nicht der Medien- und Geräteindustrie oder Verlagsgiganten.

Hier gibt’s alle Fragen im Überblick, hier die Open-Access-Frage inklusive Antworten. Die HRK bietet übrigens auch ein totes Forum an.

Studierende fordern mehr Geld für Bibliotheken

Zukünftige Steuerzahler (sogenannte High Potentials) plädieren für den sinnvollen Umgang mit Steuergeldern. Sie wollen, dass es u.a. in Bibliotheken investiert wird.

Den Rotstift ausgerechnet bei den Bibliotheken oder Tutorien anzusetzen, ist für Maisch eher kontraproduktiv. “Da läuft doch schon jetzt alles auf Sparflamme.” Auch im Internet-Zeitalter seien beileibe noch nicht alle Fachbücher im Netz.

Mehr darüber bei Heise.

Laut MdB Hans-Peter Bartels: Kein Bedarf für Open Access in den Sozial- und Geisteswissenschaften

Via Abgeordnetenwatch wurde der Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels (Dr. phil., Magister der Politischen Wissenschaft, Soziologie und Volkskunde, Journalist) gefragt, warum er als einer von zwei Mitgliedern des Bundestags (die andere ist Sabine Leutheusser-Schnarrenberger) den Heidelberger Appell unterschrieben habe. Im Wortlaut:

Haben Sie sich mit der Unterzeichnung des Heidelberger Appells bewusst auch gegen Open Access ausgesprochen?

Und falls ja: Warum lehnen Sie Open Access ab?

Bartels antwortet, dass OA im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich aufgrund der dort üblichen Publikationstrukturen durchaus einen wünschenswerten Fortschritt darstellen mag. Allerdings:

Für den sozial- und geisteswissenschaftlichen Bereich sehe ich das aber anders. Hier wollen und sollen wissenschaftliche Autoren mit ihren Aufsätzen und insbesondere Büchern erfolgreich sein, auch in bescheidenem Maße ökonomisch. Die Möglichkeit, wirtschaftlich verwertbares Wissen zum Patent anzumelden, haben sie im Gegensatz zu ihren natur- und ingenieurwissenschaftlichen Kolleginnen und Kollegen nicht.

Frei übersetzt: OA ist nur da wünschenswert, wo die Autoren eh kein privates finanzielles Kapital aus ihrem öffentlich finanzierten Werk schlagen können. Welche Möglichkeit haben Grundlagenforscher, ihr Wissen zu versilbern? Wieviel Patente meldet der durchschnittliche Fledermausforscher jährlich an? Je nachdem, wie diese Fragen beantwortet werden, könnte also die SPD-Empfehlung zu Open Access für die jeweilige Fachdisziplin ausfallen.

Bartels, ist übrigens für die SPD stellvertretendes Mitglied im Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Da wird es doch gleich doppelt so spannend, was die Parteien auf die Fragen der Hochschulrektorenkonferenz u.a. zu Open Access antworten werden.

Hochschulrektorenkonferenz befragt Parteien (zu Open Access)

Zwölf Fragen stellt die Hochschulrektorenkonferenz an die Vorsitzenden der großen Parteien. Leider wird in der Presseerklärung nicht deutlich, um welche Parteien es sich dabei handelt (Anfrage läuft). Es geht in den Fragen vorwiegend um die sozialen Aspekte der Bildungspolitik wie z.B. die soziale Selektivität des Bildungswesens oder die geringe Teilhabe der Bevölkerung an der Hochschulbildung. Doch auch Open Access ist der HRK wichtig genug, um in den recht exklusiven Themenkatalog aufgenommen zu werden:

Unterstützt Ihre Partei die open-access-Strategie der Allianz im Wissenschaftsbereich und beabsichtigt sie den 3. Korb der Urheberrechts-Novelle in der nächsten Legislaturperiode umzusetzen?

Universitäres Wissen teilen

Universitäres Wissen ist geteiltes Wissen. Es gibt keine Einheitswissenschaft, die universitäre Erkenntnisse in ihrer Gesamtheit umfasst. Die Gegenstände wissenschaftlicher Betrachtung sind mitbestimmt durch die Betrachtungsweise der jeweiligen Disziplin: durch ihr leitendes Interesse, ihren methodischen Zugang, ihre Sprache und Geschichte. Dass disziplinäre Erkenntnisse Bestandteil universitären Wissens werden, bedingt Mitteilung und dialogische Beteiligung – auch und gerade über die Grenzen der Disziplinen hinweg.

Ein interessantes Thema, dem sich das Symposium “Universitäres Wissen teilen” im März 2008 widmete. Die Organisatoren gehen bezüglich der gewonnen Erkenntnisse vorbildlich voran und teilen ihr universitäres Wissen CC-lizensiert und online schon vor Erscheinen der Printpublikation beim VDF Hochschulverlag: “Universitäres Wissen teilen : Forschende im Dialog” (PDF).

[via digithek]