Beat Mattmann: Die digitale Zugänglichkeit von Archivalien: Stand der Dinge aus Praxissicht

In der Informationspraxis ist nun der vielleicht weltweit erste Call for Call for Papers und der erste Artikel mit Archivbezug erschienen.

Die digitale Zugänglichkeit von Archivalien: Stand der Dinge aus Praxissicht / Beat Mattmann

Abstract:

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – ein Sprichwort, das bei der Digitalisierung von Kulturgut nicht immer gilt, wie dieser Artikel zeigt. Natürlich sind die Chancen der Digitalisierung allgemein bekannt. Der Weg zur Nutzung dieser Chancen ist allerdings nicht selten steinig. Eine Digitalisierung ist weder günstig, wie dieser Artikel vorrechnet, noch rechtlich immer unproblematisch. In der Praxis zeigt sich jedoch ein kreativer Umgang mit diesen Hürden – durch effiziente Ressourcennutzung, aber auch progressive Rechtsauslegungen oder Beteiligung an Gesetzesrevisionen. Mit diesem Willen ist man also, trotz ungünstiger Rahmenbedingungen, auf einem guten Weg, auch wenn dieser Geduld erfordert.

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Community-Management an der ETH Zürich

Im Blog Archiv 2.0 wird über den durchschlagenden Erfolg einer Crowdsourcing-Aktion an der ETH Zürich berichtet.

Wir wurden von überwältigend vielen E-Mail-Einsendungen überrascht! Uns erreichten im ersten Monat rund 2‘300 Hinweise. Wir konnten aus Kapazitätsgründen nicht jedes Mail einzeln beantworten. Nach einem Monat bedankten wir uns dann mit einer Zusammenfassung über den Stand der Arbeiten bei allen Freiwilligen, was wiederum zu vielen Feedback-Mails geführt hat, signifikant mehr als in den Tagen davor. Dies wiederum hat uns gezeigt, dass die Crowdsourcing-Gemeinde dankbar für weitere Informationen ist.

In der Folge ist ein Blog entstanden, in dem Einträge wie dieser für die Kommunikationskultur rund um das Projekt stehen. Aufgemerkt, Bibliothekswesen, hier ist der Versuch eines öffentlich sichtbaren Community-Managements zu besichtigen!

Wissenschaftlicher Dienst über “Archiv- und Urheberrecht”

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags scheint inzwischen auch Gutachten zu veröffentlichen, die noch nicht angefragt wurden. Zumindest ist jetzt schon eine am 16.
Februar 2016 fertiggestellte Arbeit über den Sachstand zu “Archiv- und Urheberrecht” (WD 7 – 3000 – 028/16, PDF) verfügbar, das sich mit dem unterschiedlichen Fristen im Bundesarchivgesetz und dem Informationsfreiheitsgesetz befasst. Eine Kernaussage (S. 8):

Nach dem BArchG beträgt die grundsätzliche Sperrfrist zur Einsichtnahme 30 Jahre. Aufgrund des Inkrafttretens des IFG zum 01.01.2006 ist jedoch eine Einsichtnahme auf entsprechenden Antrag hin möglich. Deswegen wird die Sperrfrist von 30 Jahren dispensiert, soweit zuvor eine Einsichtnahme nach dem IFG möglich war. Im Ergebnis bedeutet das, dass die 30jährige Sperrfrist nicht für solche Unterlagen gilt, die nach dem 01.01.2006 an das Archiv abgegeben worden ist.

Anlass des Gutachtens war – so steht es auch im Gutachten – die FragDenStaat-Aktion.

Wikipedia als bibliothekarische Kernkompetenz und Betätigungsfeld

Die Kenntnis der Funktionsweise und Hintergründe von Wikipedia ist bibliothekarische Kernkompetenz, ebenso wie es das Benutzen von gedruckten Enzyklopädien einst war. Ein recht kleiner Teil der Bibliothekswesen engagiert sich jedoch tatsächlich in der Wikipedia. Angelesenes Wissen über Wikipedia und deren Funktionsweisen sind zwar ganz nett und besser als nichts. Möchte man Nutzern jedoch die Vor- und Nachteile von Wikipedia näherbringen, ist es sicherlich besser, wenn man auf eigene Erfahrungen zurückgreifen kann.

Wenn man dort einsteigen möchte, gibt es zu jedem Thema dieser Welt genug zu schreiben oder korrigieren. Man muss nur mutig sein. Speziell für Menschen mit Neigung zum Bibliothekarischen gibt es jedoch eine hübsche Anlaufstelle: das vor einigen Monaten anscheinend neu gestaltete Portal Bibliothek, Information, Dokumentation.

Dort kann man sehen, welche Artikel aus dem bibliothekarischen Bereich zuletzt neu erstellt wurden, welche Artikel als ausgezeichnet gelten (viel zu wenige!), welche Artikel fehlen und was es sonst noch zu tun gibt.

Wenn die für das Meckern über die Qualität von Wikipedia benötigte Zeit für Reparaturen an den betroffenen Artikel verwendet würde, gäbe es binnen kürzester Zeit kaum noch etwas zu meckern. Ein Anfang für Wikipedia-Artikel: Schauen Sie doch einfach mal, ob Ihre eigene Einrichtung in Wikipedia verzeichnet ist! Falls ja: Ist der Artikel korrekt und aktuell? Falls nein: Warum nicht?

Falls Sie nicht wissen, wie Sie loslegen können: Melden Sie sich einfach an und fragen Sie auf der Diskussions-Seite des Portals nach. Ich bin mir sicher, dass man dort über neue HelferInnnen sehr erfreut wäre.

Philipp Maass hat übrigens gerade in INETBIB ein Wikipedia-Projekt zu Bibliothekarinnen, Bibliothekare und Bibliotheken im Nationalsozialismus bekannt gemacht. Auch dort ist Mithilfe und Ergänzung ausdrücklich erwünscht:

Ich würde mich sehr freuen wenn Interessierte Menschen die Seite zur Information und zur Pflege der Artikel nutzen. Wenn Sie Anmerkungen oder Verbesserungsvorschläge haben, dürfen Sie mich gerne per Mail oder auf Wikipedia kontaktieren. Vielleicht hat ja auch jemand Lust die Artikel weiter zu verbessern?
Melden Sie sich gerne!

Nicht zuletzt kann ein guter Wikipedia-Artikel auch Öffentlichkeitsarbeit für ein Thema oder eine Einrichtung sein. Egal, wonach man sucht: Sobald ein Wikipedia-Artikel existiert, taucht er in Suchmaschinen normalerweise unter den ersten Treffern auf. Da sollten die dort enthaltenen Inhalte schließlich von hoher Qualität und Aktualität sein…

Melek Batic: Mitarbeiterzeitschriften in deutschen Bibliotheken und Archiven

Batic, Melek: “Mitarbeiterzeitschriften in deutschen Bibliotheken und Archiven : dargestellt am Mitarbeiterzeitschriftenarchiv an der Hochschule Hannover

Abstract:

Mitarbeiterzeitschriften nehmen in der internen Kommunikation von Unternehmen und Non-Profit-Organisationen über 100 Jahre eine zentrale Rolle ein und verlieren auch durch Einzug der Sozialen Medien nicht an Bedeutung. Seit 2007 befinden sich die Mitarbeiterzeitschriften der Arbeitsstelle für innerbetriebliche Kommunikation an der Hochschule Hannover. Das Mitarbeiterzeitschriftenarchiv besteht aus über 750 Zeitschriftentiteln, die bisher öffentlich nicht verzeichnet sind.

Im theoretischen Teil der vorliegenden Bachelorarbeit verdeutlichen die geschichtlichen, funktionalen, inhaltlichen Darstellungen der Publikationsform wie wichtig diese für die berufliche Praxis sowie für die sozialwissenschaftliche und linguistische Forschung sind. Mittels eines Fragebogens lässt sich das Bestandsmanagement beispielhaft an einigen deutschen Bibliotheken und Archiven darstellen.

Anhand einer Bestandsanalyse und einer fach- und bibliotheksspezifischen Bestandsbewertung des Mitarbeiterzeitschriftenarchivs der Hochschule Hannover leiten sich bestands- und ressourcentechnische Handlungsempfehlungen für die Bibliothek der Hochschule Hannover ab und zeigen eine Möglichkeit wie das Mitarbeiterzeitschriftenarchiv zukünftig weitergeführt wird.

Zum Schluss der Bachelorarbeit kommen u.a. die Urheberrechtsproblematik bei der Digitalisierung sowie Vorschläge zur Anbindung an eine Virtuelle Forschungsumgebung als auch die digitale Abgabe der Mitarbeiterzeitschrift zur Sprache.

Aufhebung des Planungsstopps für den Neubau des Stadtarchivs und der Kunst- & Museumbibliothek Köln

Der Historikerverband hat gerade zur Unterzeichnung aufgerufen. Den Hintergrund zum Planungsstopp gibt es auf Openpetition.de.

[via Archivalia]

Petition zur Rettung der Stralsunder Archivbibliothek

In der Frankfurter Rundschau und beim NDR wird inzwischen über die Stralsunder Missachtung von Kulturgut berichtet. Einen Überblick über die Vorgänge hatte ich hier schon einmal gegeben, aktuelle Informationen gibt es in Archivalia.

Eine der wesentlichen Neuerungen des Falls ist wohl die Petition “Rettet die Stralsunder Archivbibliothek”, die von Philipp Maass am 7. November ins Leben gerufen wurde. Da ich bislang keine Äußerungen des verantwortlichen Oberbürgermeisters Alexander Badrow (CDU) finden konnte, möchte ich mitlesende StralsunderInnen auffordern, sich zusätzlich zur Petitionsmitzeichnung doch direkt an ihn um Auskunft zu wenden.

Auf der “Aktuelles”-Seite des Stadtarchivs ist übrigens seit 15. Dezember 2011 nichts Neues zu verzeichnen. Abgesehen von einem Schimmelbefall und einem veritablen Skandal ist ja auch seither kaum etwas Ungewöhnliches passiert.

PS: Daß Stralsunder Kulturgut zerfällt, ist auch nichts Neues. Erinnert sei an die Einbäume von Stralsund. Vermutlich darf die MV-CDU demnächst wieder eine Pressemitteilung wie vor drei Jahren herausgeben, in der von einer “unglückliche[n] Verkettung von Fehlentscheidungen in der Vergangenheit” gefaselt wird. Weiter: “Eine Vorverurteilung Einzelner oder von Landesbehörden ist der nun unbedingt notwendigen Untersuchung nicht sachdienlich.” Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, wird dort offenbar auch als eher hinderlich empfunden.

Ausverkauf der Stralsunder Gymnasialbibliothek

Falk Eisermann machte in einem Archivalia-Kommentar darauf aufmerksam, dass bei einer “Veräußerung eines Teilbestandes der ehemaligen Gymnasialbibliothek” Stralsunds Hinweise auf den schlechten Zusatnd des Bücherbestands gegeben hätte. Der verlinkte Artikel “Bücherschätze im Bürgermeister-Büro” aus der Ostsee-Zeitung ist leider online nicht (mehr) zugänglich.

In der Folge hat Klaus Graf Kontakt mit der Stadt Stralsund aufgenommen und folgende Antwort des Pressesprechers erhalten:

Bestätigen können wir Ihnen deshalb, dass ein Antiquar die bisher im Stadtarchiv Stralsund befindliche Gymnasialbibliothek angekauft hat. Darüber hinaus können wir jedoch keine weiteren Informationen geben, da es sich hierbei um schutzwürdige Interessen handelt. Deshalb wurde dem Verkauf durch ein Gremium der Bürgerschaft im nichtöffentlichen Teil der entsprechenden Sitzung zugestimmt.

Stadtarchiv Stralsund (CC-BY-SA, von DarkOne)
Stadtarchiv Stralsund (CC-BY-SA, von DarkOne)

Als schutzwürdig werden hier die Interessen der am Ausverkauf Beteiligten benannt, und nicht etwa das Interesse der Allgemeinheit an Kulturgut. Eric W. Steinhauer dazu, ebenfalls in einem Archivalia-Kommentar:

Ob die Unveräußerlichkeit von Archivgut in Archivgesetz auch für kommunale Archive in MV gilt, ist nach dem Gesetzeswortlaut eher fraglich. Darauf kommt es aber nicht an, weil sich aus der Satzung des Archivs eindeutig ein Veräußerungsverbot ergibt. Der Rat hätte vorher die Satzung ändern müssen, was in einer ÖFFENTLICHEN Ratssitzung zu beraten wäre. Allein das ist schon eine relevante Hürde. Ich stimme Herrn Graf im Ergebnis zu, dass der Verkauf der Bibliothek rechtswidrig war und damit ein Fall für die Kommunalaufsicht ist.

Harald Müller sekundiert (laut Archivalia) in Inetbib, dort konnte ich die Mail jedoch nicht finden:

Ich teile die rechtliche Einschätzung von Herrn Steinhauer: hier ist § 134 BGB anwendbar.

Der genannte Paragraph ist schlicht betitelt mit “Gesetzliches Verbot” und lautet ebenso schlicht:Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

In Inetbib wird der Vorgang in diesem Thread diskutiert. Die Blogpostings zu diesem Fall kann man recht gut über Plan3t.info recherchieren.

Ach ja: Stralsunds Bürgermeister, Alexander Badrow von der CDU, schreibt auf seiner Homepage:

Stralsund hat ein außergewöhnlich breites Kulturangebot. Dies gilt es zu erhalten und weiter zu entwickeln.

Es ist Badrow sehr wichtig, von den Nöten seiner Mitbürger zu erfahren: Stralsund kann nur vorankommen, wenn Ihre Meinung gehört wird. Deshalb können Sie sich hier direkt an Dr. Alexander Badrow wenden. Hier geht’s zu Herrn Badrow. Dass Stralsund sich zwar überall “Hansestadt” nennt, nun aber eine Bibliothek aus eben dieser Zeit verscherbelt, passt schließlich nicht so gut zusammen.