Die schwer zugängliche Informationsgerechtigkeit

Hans-Christoph Hobohm hat 2015 in seinem Blog ein Vorwort veröffentlicht, dass er für die im Simon-Verlag veröffentlichte Bachelorarbeit von Leyla Dewitz schrieb. Wer versucht, das Buch (“Diversität als Basis für Informationsgerechtigkeit“) zu bekommen, mag diesen Auszug interessant finden:

Aktuelle politische Entscheidungen etwa die Abschaffung des Sammelauftrags der deutschen verteilten Nationalbibliothek der Sondersammelgebiete und deren Umbau auf die aktuellen Kundenwünsche folgen genau diesem erfolgreichen Filterblasen-Prinzip aktueller digitaler Großkonzerne und werden damit mittelfristig sicher betriebswirtschaftlich erfolgreich sein. In der aktuellen Umbruchphase in Richtung auf die „nächste Gesellschaft“ (Dirk Baecker) könnte sich eine solche Vorgehensweise jedoch als Irrweg erweisen. In Krisensituationen ist es manchmal ratsam, sich die ursprünglichen Funktionen und Aufgaben einer Aktivität oder Institution vor Augen zu führen. Informations- und Bildungsarbeit durch Bibliotheken und Fachinformationseinrichtungen sammelt eben nicht nur vergilbtes Papier, sondern gewährleistet Zugang zu Informationen und Wissen nach Möglichkeit ohne kommerzielles Interesse, ohne eingeschränkte Weltsicht im Hinblick auf eine umfassende und vor allem nachhaltige Nutzung.

Interessant – und passend – ist der Abschnitt, weil das Buch im gesamten GBV nur ein einziges Mal zu finden ist, nämlich in der Zentralbibliothek der Stadtbibliothek Bremen. Man könnte an dieser Stelle auch darüber nachdenken, dass ein Buch, dass sich dem Zugang zu Informationen widmet, folgerichtig als Open-Access-Publikation hätte veröffentlicht werden können. Das nimmt der Beobachtung Hobohms aber nichts. Zumindest gefühlt hat die Diversität der Bestände abgenommen. Es wäre interessant zu prüfen, ob meine Vermutung den Tatsachen entspricht. Wie ist es um die Erwerbung von Büchern aus Kleinverlagen bestellt, heute und vor 15 Jahren? Wieviel Prozent des Etats fließen heutzutage an die Großverlage und Oligopol-Angebote wie Springerlink oder die Onleihe?

Springer und IEEE veröffentlichten über 120 SciGen-Publikationen

Teil der Operation Frühjahrsputz 2016, in deren Verlauf angefangene und nie beendete Postings einfach so veröffentlicht werden.

Aus dem Nature-Blog vom 25. Februar 2014:

The publishers Springer and IEEE are removing more than 120 papers from their subscription services after a French researcher discovered that the works were computer-generated nonsense.

Springer verkauft Papers an ReadCube

Es ist richtig was los auf dem Markt für kommerzielle Literaturverwaltungsprogramme! Thomson Reuters will Endnote ab- und verstoßen und Springer verkauft Papers an ReadCube. Das nichtssagende Statement dazu:

We look forward to working with the Papers user community to continue to build on the impressive work the Papers team has done to date. It is through close collaborations with researchers, publishers, and institutions that ReadCube and its solutions in this space are helping connect data, facilitate discovery and improve the accessibility of literature. Through this acquisition we hope to accelerate the pace of discovery.

Es scheint also Hoffnung auf ein Papers-Weiterbestehen zu geben.

Springer-Zugriff zu teuer für Russland

Da zu viele ausstehende Zahlungen aufgelaufen seien, hat Springer russischen Universitäten den Zugriff auf Springer-Publikationen gekappt, so berichtet Studenttimes.com. Die russische Regierung sei nicht in der Lage, die Subskriptionsgebühren zu zahlen.

According to a spokesperson from the Russian Ministry of Education and Science, the Russian Foundation for Basic Research, one of Russia’s state agencies, which is responsible for the development of national science, is unable to pay for subscriptions for scientific journals and magazines published by Springer due to a sharp devaluation of the Russian ruble this year.

Es geht um ungefähr eine Million US$. Weitere Verlage könnten nachziehen.

[via Richard Poynder]

Swets-Gruppe ist insolvent

Aus dem Börsenblatt:

Der Informationsdienstleister Swets (Swets & Zeitlinger Group B.V.) mit Sitz im niederländischen Leiden hat Insolvenz angemeldet. Eine entsprechende Meldung hat die deutsche Tochter Swets Information Services bestätigt.

Swets ist der breiten Öffentlichkeit vielleicht unbekannt und hat zur Zeit nicht einmal einen deutschsprachigen Wikipedia-Artikel – hier geht es zum englischen Artikel. Es handelt sich dabei jedoch um ein Branchen-Schwergewicht, das nicht nur als Mittler oder Makler zwischen wissenschaftlichen Zeitschriftenverlagen und Bibliotheken agiert(e), sondern unter anderem auch die Institutional Edition von Mendeley bewarb und vertrieb. Springer und Elsevier sind sicherlich nicht die einzigen, die derzeit eindringliche Botschaften an Bibliotheken bezüglich der Zahlungsabwicklungen senden…

Und: Die Aufsatztitel der Online Contents werden von Swets geliefert und täglich aktualisiert.

[via @Libreas]

E-Books auf tatsächliche Verfügbarkeit prüfen

Wie viele andere KollegInnen auch ärgere ich mich regelmäßig über E-Books, für die die Bibliothek zwar viel Geld an die einschlägigen Verlage überweist, die aber nicht zur Verfügung stehen. Einzelne DOI-Listen habe ich zu Testzwecken von einem Linkchecker prüfen lassen, ich fand das Vorgehen aber immer etwas unpraktisch. Ein Tool speziell für diesen Zweck hat nun Kristina M. Spurgin von der University of North Carolina (Chapel Hill) in Code4Lib vorgestellt:”Getting What We Paid for: a Script to Verify Full Access to E-Resources“.

Abstract:

Libraries regularly pay for packages of e-resources containing hundreds to thousands of individual titles. Ideally, library patrons could access the full content of all titles in such packages. In reality, library staff and patrons inevitably stumble across inaccessible titles, but no library has the resources to manually verify full access to all titles, and basic URL checkers cannot check for access. This article describes the E-Resource Access Checker—a script that automates the verification of full access. With the Access Checker, library staff can identify all inaccessible titles in a package and bring these problems to content providers’ attention to ensure we get what we pay for.

Hier geht’s zum Quelltext. Leider handelt es sich dabei um ein Ruby-Skript, deren erfolgreiche Ausführung mir bisher zuverlässig misslang. Es findet sich bestimmt noch ein passender Unzeitpunkt, um das mal zu testen. [1] Achtung, dieser Satz enthält einen Zaunpfahl für eine bestimmte Person, die ich gleich noch einmal persönlich anstupsen werde. ;o)

References

References
1 Achtung, dieser Satz enthält einen Zaunpfahl für eine bestimmte Person, die ich gleich noch einmal persönlich anstupsen werde. ;o)

Springer Science+Business Media geht an die Börse

Kanadier, US-Amerikaner, Japaner und Australier dürfen nun nicht weiterlesen:

Man frage mich nicht, warum. Börsen-Experten können das vielleicht erklären, ich jedoch nicht. Für erhellende Hinweise in den Kommentaren (ob von Kanadiern oder anderen) wäre ich sehr dankbar. Doch nun zum eigentlichen Thema dieses Postings:

Aktien von Springer Science+Business Media, einem Fachverlag im Bereich Science, Technology, Medicine, sollen vor der Sommerpause im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse notieren

Das kürzlich unter anderem auf Turi2 kolportierte Gerücht erweist sich also als wahr. Der Wert der auszugebenden Aktien wird mit ungefähr 760 Millionen Dollar angegeben. Die komplette Meldung zum Börsengang findet sich bei Aktiencheck.de. Interessant ist, dass in dieser für Springer sicherlich sehr wichtigen Meldung ausdrücklich auf Open Access als wachsendem Markt Bezug genommen wird:

Wir sind ein führender und wirklich globaler STM-Verlag, der in den Marktsegmenten eBooks und Open Access hervorragend aufgestellt ist, und wollen von weiteren Wachstumstrends profitieren.

Noch ein interessantes Zitat:

Der Wandel zum digitalen Modell hat die Grenzkosten für die Veröffentlichung und den Verkauf neuer Artikel, Bücher und Zeitschriften signifikant verringert.

Weiterhin sei Springer in “aufstrebenden Märkten”, besonders in China und Indien, seit vielen Jahren vertreten und genieße dort einen guten Ruf.

Der Börsengang könnte eine gute Gelegenheit bieten, einen tieferen Einblick in die Markteinschätzung durch einen großen kommerziellen OA-Akteur zu bekommen. Liest hier jemand mit, der oder die sich mit Börsengängen und den dazugehörigen Informationspflichten (Börsenprospekt, etc.) auskennt? Was ist da zu erwarten?

PS: Kennt jemand die Studie Open Access: Market Size, Share, Forecast, and Trends von Laura Ricci? Ich habe gerade keine $895 zur Hand für die 36 Seiten…

ETH-Bibliothek: Stellungnahme zur Klage der STM-Verlage

Wie schon erwähnt hat die International Association of Scientific, Technical and Medical Publishers (STM) gegen den Dokumentlieferdienst der ETH Zürich geklagt. Wolfram Neubauer, Direktor der ETH-Bibliothek, äußerte sich nun in einer Stellungnahme zur Klage.

STM-Mitglieder sind u.a.:

  • Börsenverein des deutschen Buchhandels
  • Crossref
  • Elsevier
  • IEEE
  • Springer
  • Thieme
  • Thomson Reuters
  • Wiley

Elsevier vs. Wissenschaft

Liane Haensch macht in ihrer Stimme auf zwei Kampagnen aufmerksam. Die eine Kampagne geht von Elsevier, Thieme und Springer aus, die den Dokumentenlieferdienst der ETH-Bibliothek untersagen lassen will.

Die zweite Kampagne ist von Wissenschaftlern initiiert und richtet sich gegen die Praktiken von Elsevier: The Cost of Knowledge. Man kann auf der Webseite seinen Unwillen erklären, für Elsevier tätig zu werden als Autor, als Herausgeber oder als Reviewer.

Zu “The Cost of Knowlegde” gibt es auch sonst eine Menge zu lesen. Ich hebe hier mal die Mail von BC Kämper in Inetbib hervor.

Die Resonanz auf die Aktion reicht von Mathematikern (und nochmal Mathematikern) zu Historikern, von Linguisten über Biologen zu Webwissenschaftlern.

Unterzeichnet hat übrigens auch Scott Aaronson, der Verfasser dieses amüsanten Reviews von John Willinskys “Access Principle”.

Verlage, die Feinde der Wissenschaft

Ist das eine plakative Überschrift? Ja. Entspricht sie den Tatsachen? Nun, empört den Kopf schütteln wird wohl niemand. Vor drei Tagen hieß es zum Beispiel in einem Interview des ORF mit Gerhard Fröhlich über die beklagenswerten Zustände im innovationsresistenten Wissenschaftsverlagsgewerbe:

Es wundert mich nicht, wenn es auch in der Wissenschaft so zugeht. Und ich rede nicht von kleinen österreichischen Verlagen, mit denen ich gute Erfahrungen habe, sondern von internationalen Großunternehmen mit zum Teil hunderten Journalen im Repertoire. Diese Verlage verdienen so gut, dass dies nur mit Waffen- und Drogenhandel vergleichbar ist. Und wer bestens verdient, warum sollte der dazulernen wollen?

Nun heißt es im Guardian:

This is the moment academic publishers gave up all pretence of being on the side of scientists. Their rhetoric has traditionally been of partnering with scientists, but the truth is that for some time now scientific publishers have been anti-science and anti-publication. The Research Works Act, introduced in the US Congress on 16 December, amounts to a declaration of war by the publishers.

Dies und vieles mehr wird unter der Überschrift “Academic publishers have become the enemies of science” veröffentlicht.

Der Research Works Act (RWA) ist – kurz gefasst – die Bestrebung von Elsevier & Co, durch massive Lobbyarbeit Open-Access-Mandate wie die Public Access Policy des National Institute of Health zu verhindern. Die Behauptung, Wissenschaftsverlage
seien wissenschaftsfeindlich, wird zur Zeit also sehr solide untermauert.

Weitere Infos u.a. bei Archivalia, Wisspub, Geograffitico oder Telepolis.

Darüber hinaus hat Wenke Bönisch eine kurze Chronologie der Ereignisse rund um den RWA bei Storify zusammengestellt, nähere Informationen in ihrem dazugehörigen Posting: